Lostag für Internet-Verwaltung ICANN
Am Dienstag findet eine gerichtliche Anhörung im Fall VeriSign, der Verwalter der .com- und .net-Domains, gegen die Internet-Verwaltung ICANN [Internet Corporation for Assigned Names and Numbers] statt.
VeriSign hatte die ICANN wegen des Verbots seines SiteFinder-Dienstes geklagt. Für die ICANN steht mit der Klage auch ihre Existenzberechtigung als Netzverwaltung auf dem Spiel.
"Wenn sich VeriSign durchsetzt, wird die ICANN an der Ausübung einer ganzen Reihe von ihr zugedachten Aufgaben gehindert", so Jonathan Weinberg, Jus-Professor an der Wayne State University.
VeriSign wirft der ICANN Wettbewerbsbehinderung vor. Die ICANN habe ihr Mandat als technische Koordinierungsstelle überschritten und agiere mehr und mehr als Regulierer, so VeriSign.
VeriSign hatte seit 15. September alle [Fehl-]Abfragen von nicht existenten .com- und .net-Domains auf seine eigene Suchmaschine umgeleitet. Konkurrenten wie auch ICANN sahen darin einen Verstoß gegen Internet-Standards und das Ausnützen der marktbeherrschenden Stellung.

Start-up wird erwachsen
VeriSign wirft der ICANN weiters vor, dass ihre Entscheidungen inkonsistent sind. Zudem seien Services wie der SiteFinder-Dienst nicht in VeriSigns Vertrag als Domain-Verwalter mit der ICANN enthalten, während die ICANN diese als grundlegend für VeriSigns Rolle im Netz ansieht.
Für ICANN-Chef Paul Twomey ist die derzeitige Lage vor allem darin begründet, dass sich die ICANN nicht auf Gesetze oder Staatsverträge berufen kann, sondern ihre Rechte und Aufgaben aus Verträgen, Novellen, Memoranden und informellen Absprachen aus zwei Jahrzehnten bezieht.
"Die ICANN war ein Start-up-Unternehmen, das jetzt in eine erwachsener Rolle überwechselt", so Twomey.
Selbst wenn die ICANN den Fall gewinnt oder die Klage fallen gelassen wird, droht ihr im Sommer neues Ungemach. Eine eigene US-Arbeitsgruppe soll alternative Regierungsformen für das Netz prüfen.
Die ICANN wurde ursprünglich vom US-Handelsministerium gegründet. Sie wurde als Non-Profit-Organisation nach kalifornischem Recht gegründet. Das Weißbuch der US-Regierung enthält die grundlegenden Prinzipien, nach denen die Koordination von Namen und Adressen geregelt werden soll: Stabilität, Wettbewerb, private Bottom-up-Koordination und Repräsentativität.

Verlagerung der Aufgaben
Einige Länder streben eine Verlagerung der ICANN-Aufgaben an eine internationale Organisation wie die Vereinten Nationen an.
Vor allem die Entwicklungsstaaten stoßen sich an den kalifornischen Wurzeln der ICANN und ihren Verquickungen mit der US-Regierung.
VeriSign selbst scheint daran jedoch kein Interesse zu haben. In einem internen Memo an die Angestellten Anfang des Jahres gab Vizepräsident Rusty Lewis an, dass "eine glaubwürdige ICANN das Beste für das Internet ist".
Die Firma unterstütze globale Rahmenbedingungen für die Koordination des Domain-Name-Systems. Die Klage diene dazu, Klarheit rund um die ICANN zu schaffen.