Neues Informationsportal für Österreich
An der TU Graz ist am Montag das Informationssystem Austria-Forum vorgestellt worden. Nach dem Willen seines Initiators Hermann Maurer soll das neue System mit der Hilfe ehrenamtlicher Editoren und Experten zur wichtigsten Wissensressource über Österreich im Web heranwachsen.
Die TU Graz hat am Montag das unter der Ägide von Informatik-Doyen Hermann Maurer entwickelte Österreich-Informationsportal Austria-Forum vorgestellt. Bei der Erstellung des Projekts standen Maurer die Publizisten Trautl Brandstaller und Peter Diem zur Seite.
Das Austria-Forum will strukturierte und zitierfähige Informationen zur Geschichte und politischen Struktur Österreichs bieten. Auch das bekannte Österreich-Lexikon aeiou.at ist in das neue Projekt eingebunden. Zielgruppe für das Informationssystem sind vor allem Schüler und Studierende sowie deren Lehrer. Wenn das System, das sich derzeit noch im Betastadium befindet, fertig ist, soll es für die verschiedenen Nutzergruppen und Wissensstände spezifische Einstiegspunkte und Artikel bereithalten.
Autoren gesucht
"Wir stehen mit dem Projekt noch ganz am Anfang", sagte Maurer, Chef der Informatik-Fakultät der TU Graz, auf Anfrage von ORF.at, "bisher gibt es im Austria-Forum nur 25.000 Dokumente. Wir suchen noch Leute, die mitmachen." Bis Ende kommenden Jahres wollen Maurer und sein Team den Bestand auf 50.000 Artikel erhöht haben. Bis dahin bittet Maurer die Nutzer um Geduld.
Kommentiertes Expertenwissen
Die Lexikonartikel im Austria-Forum sollen, so Maurer, von Experten verfasst und namentlich gezeichnet werden. Nachdem ein Artikel erstellt worden ist, kann er von den registrierten Nutzern des Forums kommentiert und vom Autor überarbeitet werden.
Danach werden sowohl die Kommentarfunktion als auch die Bearbeitungsmöglichkeit für den Autor eingefroren. Ein personell noch zu bestimmender Beirat wird über die Qualität der Artikel im Austria-Forum wachen. Auch das eingebundene AEIOU-Lexikon soll auf diese Art erweitert und verbessert werden.
"Die Wikipedia ist gut, aber nicht zitierbar", sagt Maurer. "Man kann zwar die Versionsgeschichte eines Artikels nachverfolgen, aber es gibt keine Person, die für einen bestimmten Artikel geradesteht. Bei uns werden die Autoren ihre Artikel mit Namen und Lebenslauf zeichnen."
Gegenüber der Wikipedia will sich das Projekt auch durch die Konzentration auf österreichische Themen abheben. "Wir wollen die umfangreichste Linksammlung zu Österreich anlegen", so Maurer, dessen Team zirka eineinhalb Personenjahre in den Aufbau der Plattform investiert hat.
Copyright und Lizenzen
Auf den Einsatz des Lizenzierungssystems Creative Commons hat Maurer laut eigener Aussage verzichtet, weil dieses zu viele Optionen biete und die Nutzer verwirre. Beiträge und Bilder im Forum, die nicht mit einem Copyright-Vermerk versehen seien, können demnach frei weiterverwendet werden. Bei Elementen, die mit dem Zusatz "Jede Art der Verwendung ist nur mit Genehmigung des Autors gestattet" versehen sind, muss vor weiterer Verwendung ebendiese Genehmigung des Autors eingeholt werden.
Die E-Learning-Software WBT-Master, auf die das Forum mit Modifikationen aufsetzt, steht unter der GPL.
Sicherheit statt Aktualität
Aktuelle Ereignisse kann und will das Austria-Forum nicht so schnell auffangen wie beispielsweise die Wikipedia. Maurer geht es vielmehr darum, zitierbares, geprüftes Expertenwissen zu Österreich-Themen bereitzustellen. Die Aktualität wie etwa die gegenwärtige Zusammensetzung der Regierung wollen die Forumsmacher teilweise über kommentierte Links auffangen.
Im Web vermisst Maurer nach wie vor gut strukturierte und verlässliche Informationen. "Wenn ich etwas zu Kurt Gödel wissen will, dann kann ich in AEIOU ein paar Zeilen zu ihm finden. In der Wikipedia steht zu ihm schon mehr, aber da der Artikel nicht unterzeichnet ist, fällt es mir schwer, ihn mit gutem Gewissen zu zitieren", sagt Maurer. "Im Web fehlt mir eine umfangreichere Biografie von Kurt Gödel, die von einem Forscher stammt, der sich mit Gödels Werk befasst hat und daher glaubwürdig ist."
Maurer will Wissen sammeln, organisieren und zugänglich machen. "Wir möchten dabei helfen, dass sich neue Suchstrategien herausbilden", sagt der Informatiker, "das ist für die Zukunft wichtig." Die menschliche Redaktion, die Artikel in Kategorien einordnet, ist in Maurers Ansatz mindestens genauso wichtig wie die technischen Systeme, die Autoren und Nutzer bei ihrer Arbeit unterstützen.
Finanzierung und Ehrenamtlichkeit
Das Austria-Forum läuft auf Basis des an der TU Graz entwickelten E-Learning-Systems WBT-Master. Während die technische Entwicklung mit Hilfe von Studierenden von der Informatik-Fakultät gestemmt wurde, gab es vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie 30.000 Euro Anschubfinanzierung für den redaktionellen Teil während der ersten zwei Jahre. "Die grafische Gestaltung der Site wäre auch noch zu verbessern", sagt Maurer, "dazu befinden wir uns noch in Gesprächen mit anderen Institutionen in Graz."
Ab 2010 soll sich das Austria-Forum über Textanzeigen selbst finanzieren. "Zwei große Verlage haben sich dazu bereiterklärt, den Anzeigenverkauf zu übernehmen", sagte Maurer, der sich im kommenden Jahr verstärkt um die inhaltlichen Kooperationen des Projekts kümmern will.
Wissen und Aufmerksamkeit
Während die Informationen zur politischen Bildung im Auftrag staatlicher Stellen von einer PR-Agentur und Journalisten zugeliefert werden, möchte Maurer auch österreichischen Museen und professionellen Künstlern eine Plattform bieten. Wie so oft im Web wird hier Wissen gegen Publizität getauscht werden. Die Museen liefern Expertise und Bilder und erhalten dafür Präsenz im Lexikon.
Das Rückgrat des Systems sollen jedoch, wie bei der Wikipedia, ehrenamtlich arbeitende Editoren bilden. Das Austria-Forum wird also von der Teilnahmebereitschaft der Expertenschaft leben. Obwohl mittlerweile nichts leichter ist, als sich im Netz über Blogs, die Wikipedia und andere kollaborative Projekte mitzuteilen, glaubt Maurer an sein Konzept und daran, dass sich genügend interessierte Experten finden werden, die daran mitarbeiten wollen. "In den kommenden zwei Jahren wird hier ein wunderbares System entstehen", sagt Maurer voraus.
Mit Unterstützung des Styria-Konzerns und des Brockhaus-Verlags haben Maurer und seine Mitarbeiter im September 2006 das Informationssystem Alexander auf Basis von Hyperwave gestartet.