
Wirtschaftskrise dämpft Digicam-Boom
2009 ist in Österreich der Verkauf kompakter Digitalkameras erstmals zurückgegangen. Die Hersteller hätten die Zurückhaltung der Konsumenten angesichts der Wirtschaftskrise gespürt, so Nikon-Manager Wolfgang Lutzky. Obwohl sich der Wettbewerb 2010 weiter verschärfen werde, sei die Branche optimistisch. Im DSLR-Bereich könnten heuer noch zweistellige Wachstumsraten erzielt werden.
"Wir spüren die sinkende Kaufkraft der Konsumenten", sagte der Ländermanager für Österreich und Slowenien bei einer Präsentation am Mittwoch in Wien. Im vergangenen Jahr sei die verkaufte Anzahl kompakter Digitalkameras auf dem heimischen Markt (alle Hersteller) erstmals gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, und zwar um fünf Prozent. "Bei den Kompaktkameras ist der Markt gesättigt", so Lutzky. Laut GfK-Daten seien in Österreich 2009 ungefähr 600.000 kompakte Digitalkameras verkauft worden.
Weniger düster sieht es auf dem Markt für digitale Spiegelreflexkameras (DSLRs) aus. "Hier erwarten wir für das laufende Jahr durchaus ein zweistelliges Wachstum", so Lutzky. 2009 wurden in Österreich rund 90.000 DSLRs verkauft. Hier seien allerdings die Durchschnittspreise pro Kamera gesunken, daran sei unter anderem der verstärkte Markteintritt von Sony im unteren Marktsegment verantwortlich.
Insgesamt blickt Lutzky optimistisch in die Zukunft. Wenn die Auswirkungen der Wirtschaftskrise vorbeigingen, werde auch der Konsum wieder anziehen: "Wir sehen keinen Grund zur Besorgnis." Nikon stellte auch die von der Agentur Jung von Matt Spree gestaltete Imagekampagne vor, mit der das Unternehmen im laufenden Verdrängungswettbewerb seine Marke weiter stärken möchte.
D90 erfolgreich
Sowohl im Kompaktkamera- als auch im DSLR-Bereich führen Nikon-Modelle die österreichischen Verkaufsranglisten an. So verkaufte sich die Mittelklasse-DSLR D90 hierzulande im vergangenen Jahr 10.971-mal, womit Nikon das Einsteigermodell EOS 450 des Erzrivalen Canon (9.479 verkaufte Einheiten) auf Platz zwei verweisen wollte. Auf Platz drei der Rangliste folgte dann allerdings die EOS 500.
Besonders stark ist Nikon Österreich auf dem Kompaktkameramarkt. Hier erreichte das Unternehmen mit den Modellen Coolpix S220 und S225 - Nikon schlüsselte hier nicht nach den einzelnen Modellen auf - im vergangenen Jahr einen kombinierten Marktanteil von rund vier Prozent und konnte 29.386 Einheiten absetzen. Auf Platz zwei folgte die kompakte Superzoom-Kamera Panasonic Lumix TZ7 mit 17.452 Einheiten, auf Platz drei Canons Ixus 100 IS mit 15.256 Einheiten.
Mit Superzoom gegen Panasonic
Mit seiner wohl wichtigsten neuen Kompaktkamera nimmt Nikon dann auch folgerichtig die beliebte TZ-Serie von Panasonic ins Visier. Die Coolpix S8000 kommt in einem besonders schlanken Gehäuse und verfügt über ein Zehnfachzoom (auf Kleinbild umgerechnet 30-300 mm) und einen 14-Megapixel-Sensor. Sie hat eine HD-Movie-Funktion (720p bei 30 B/sec), die maximale Länge der Videoclips hat Nikon nicht angegeben.
Das Gerät soll nach dem Einschalten so schnell bereit sein wie eine DSLR. Auch AF und Verarbeitungsgeschwindigkeit sind laut Nikon für Kompaktkameraverhältnisse sehr schnell, das eingebaute 3"-Display sei mit 920.000 Bildpunkten auf Profi-DSLR-Niveau.
Einen RAW-Modus bietet die S8000 nicht. Sie soll zum Preis von 299 Euro am 19. Februar in den Handel kommen. Mit einer Akkuladung kann die S8000 nach CIPA-Standard 210 Bilder machen. Lutzky gab zu, dass Nikon mit diesem Modell gegen die im vergangenen Jahr ausgegebene Parole verstoße, künftig nur noch Kompaktkameras mit Auflösungen von maximal zwölf Megapixel anbieten zu wollen.
Einstiegsalter und Preise sinken
Laut Lutzky ist das Einstiegsalter in die Digitalfotografie in jüngster Zeit weiter gesunken, die Kinder würden im Alter von acht bis zehn Jahren mit dem Fotografieren anfangen. In den jüngeren Zielgruppen bis 16 Jahre würden die Handykameras noch eine wichtige Rolle spielen, allerdings komme dann recht schnell der Wunsch nach einer eigenen Digicam auf. Lutzky erwartet, dass auch die großen Markenhersteller 2010 verstärkt Kameramodelle zu Preisen von rund 100 Euro auf den Markt werfen werden. Nikon besetzt diesen Bereich mit dem Modell S3000, das um 139 Euro ab Mitte März erhältlich sein wird.
Auch der Konkurrenzkampf im Mittelfeld werde sich 2010 weiter verschärfen, die Kunden hätten hier eine große Auswahl, speziell zwischen Superzoom-Digicams, Einsteiger-DSLRs und neuerdings auch Digicams mit Wechseloptik (Micro Four Thirds). Nikon will hier mit dem neuen Modell P100 punkten, das über ein 26-fach-Zoom verfügt. Eine Besonderheit ist hier der Sensor: Durch Einsatz eines hintergrundbeleuchteten 10,3-MP-CMOS soll das Bildrauschen bei hohen Empfindlichkeitswerten reduziert werden. Diese Technologie wurde erstmals von Sony unter dem Namen Exmor-R vorgestellt. Die P100 kostet 399 Euro und soll ab Anfang März verfügbar sein.
Zurückhaltung bei Systemdigicams
Das vor allem in Japan erfolgreiche Kompaktkamerasystem Micro Four Thirds von Olympus und Panasonic sieht Nikon derzeit als "Experiment". Bisher seien nur "sehr geringe Stückzahlen" dieser Geräte in Österreich verkauft worden, so Lutzky, Digicams mit Wechseloptiken seien derzeit noch "ein Nischenprodukt".
Das könnte sich nur dann ändern, wenn sich auch Nikon, Canon und Sony dazu entscheiden würden, entsprechende Produkte anzubieten. Derzeit sehen die DSLR-Marktführer offenbar keinen Grund dafür, einander im Einsteigerbereich selbst Konkurrenz zu machen. Schlecht verkaufen würden sich in Europa auch Kompaktkameras mit eingebauten WLAN-Modulen, Nikon habe keine Pläne, neue Produkte in diesem Bereich vorzustellen.
Im Bezug auf den Handel werde das Internet als Vertriebskanal immer wichtiger. Im November 2009 seien in Österreich 23 Prozent des Umsatzes mit Digitalkameras im Internet-Handel gemacht worden - bei den Stückzahlen entspreche das 18 oder 19 Prozent. "Der Hybridhandel ist extrem im Steigen", so Lutzky. "Die Kunden recherchieren und bestellen gern im Internet, sie holen die Ware dann aber gerne selbst im Geschäft ab." Wichtigster Aspekt sei im Handel aber nach wie vor der Preis.