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SWIFT: Die Optionen des EU-Parlaments

KONTROLLE
02.12.2009

Der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments hat am Mittwoch das umstrittene Abkommen über den Austausch von Finanztransaktionsdaten zwischen EU und USA (SWIFT-Abkommen) debattiert. Die Grünen werfen der Kommission hinsichtlich der Information des Parlaments Verzögerungstaktik vor.

"Die Kommission hat das Abkommen vorgestellt, allerdings nur mündlich", so Ernst Strasser, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament und stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss, am Mittwoch zu ORF.at. Die autorisierte Fassung des Textes sei den Parlamentariern vom Rat noch nicht zur Ratifizierung übermittelt worden.

Liege dieser vor, werden Juristen von Fraktionen und Parlament ihn prüfen. "Das Abkommen muss im Detail studiert werden", so Strasser, der bereits am Montag eine eingehende Prüfung des Textes gefordert hatte. "Es dauert einige Zeit, bis man ihn sich angesehen hat."

Zum weiteren Vorgehen sagte Strasser, das Parlament habe vier Optionen: "Wir können den Text ohne Änderungen annehmen oder ablehnen. Wir können auch nichts tun, woraufhin das Abkommen am 1. Februar provisorisch in Kraft treten würde. Außerdem kann das Parlament den EuGH anrufen." Welche dieser Möglichkeiten das Parlament ergreifen werde, könne erst nach der Analyse des Abkommens gesagt werden.

Die Kommission verzögert

Die grüne Europaabgeordnete Eva Lichtenberger rechnet damit, dass der Text erst im Jänner im Parlament behandelt werden wird. "Die Kommission könnte das Thema schon übernächste Woche ins Parlament bringen, wenn sie wollte", so Lichtenberger gegenüber ORF.at, "sie verzögert diesmal aber - und keiner weiß, warum. Wenn die Kommission etwas will, dann geht es normalerweise sehr schnell."

Generell sei die Verärgerung der EU-Parlamentarier quer durch alle Fraktionen über die Vorgehensweise des Rates, der das Abkommen einen Tag vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und damit ohne Konsultation des Parlaments abgesegnet hat, nach wie vor groß. Die nächste Sitzung des EU-Parlaments findet von 14. bis 17. Dezember in Straßburg statt.

Verärgert zeigte sich Lichtenberger auch über die Informationspolitik von Ministerrat und Kommission im Vorfeld des Abkommens: "Die Deutschen haben immer behauptet, dass die sogenannte Sauerland-Gruppe über die Analyse von SWIFT-Finanzdaten aufgespürt werden konnte. Heute stellt sich heraus, dass das gar nicht gestimmt hat."

Die deutsche Bundesanwaltschaft bestätigte am Mittwoch gegenüber der dpa einen Bericht der "Financial Times Deutschland" vom Dienstag, laut dem die Übermittlung von Kontodaten aus Europa in die USA für die Ermittlung gegen die Sauerland-Gruppe der "Islamischen Dschihad Union" "keine erkennbare Rolle" gespielt habe.

Bundestag debattiert Vorgehensweise des Rates

In Deutschland befasst sich der Bundestag am Mittwoch auf Antrag der Grünen im Rahmen einer Aktuellen Stunde mit dem SWIFT-Abkommen und dem Vorgehen des Ministerrats.

Bisher haben sich Vertreter aller im Nationalrat vertretenen österreichischen Parteien kritisch und ablehnend über das Abkommen geäußert. Der Tenor: Der Vertrag biete EU-Bürgern keinen ausreichenden Datenschutz. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) hatte sich am Montag bei der Abstimmung im EU-Ministerrat enthalten, obwohl auch sie dem Abkommen kritisch gegenübersteht. Das Interimsabkommen sei aber besser als ein ungeregelter Zustand, so Fekter. Denn das derzeitige Abkommen mit den USA über den Datenzugriff läuft Ende Dezember aus.

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(futurezone/Günter Hack)