
Streit über EU-Musiklizenzen geht weiter
Die EU brauche einfachere Lizenzmodelle, so die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Dazu sei eine grenzüberschreitende Lizenzierungsplattform für Musik geplant. Gernot Graninger, Generaldirektor der heimischen Verwertungsgesellschaft AKM, glaubt allerdings nicht, dass das ohne regulatorischen Rahmen funktionieren wird.
Kroes hatte am Mittwoch nach einem Roundtable-Gespräch mit diversen Interessenvertretern mitgeteilt, dass es zu einem "großartigen Durchbruch" bei grenzüberschreitenden Online-Verkäufen von Musik gekommen sei. Verwertungsgesellschaften, Musikkonzerne und Vertriebspartner hätten sich zu Gesprächen bereiterklärt, künftig an EU-weiten Lizenzen zu arbeiten, um Musik auch online in mehr Regionen als bisher verkaufen zu können.
Einfachere Lizenzmodelle für Europa
"Europäische Konsumenten wollen und verdienen bessere Online-Angebote für Musik", so Kroes. Im Vergleich zu den USA sei Europa hinten nach, wenn es um das Abfangen der sinkenden CD-Verkäufe durch digitale Verkäufe gehe. Europa bräuchte einfachere Lizenzmodelle, fügte die Kommissarin hinzu.
ITunes, Amazon am Verhandlungstisch
Am Roundtable beteiligt waren Amazon, iTunes, Nokia, Universal, EMI, die britische Verwertungsgesellschaft PRS for Music, die französische Verwertungsgesellschaft SACEM, die schwedische Verwertungsgesellschaft STIM und der europäische Verbraucherschutzdachverband BEUC. Apple kündigte im Zuge dessen an, seinen iTunes-Store ab dem kommenden Jahr in mehr europäischen Ländern zugänglich zu machen als bisher.
Die österreichische Verwertungsgesellschaft AKM war nicht geladen. "Das war lediglich eine halbrepräsentative Arbeitsgruppe, bei der kleinere Verwertungsgesellschaften nicht geladen waren", so Gernot Graninger, Generaldirektor der AKM gegenüber ORF.at am Freitag. Der von der EU-Wettbewerbskommissarin angekündigte "Durchbruch" sei lediglich ein zögerlicher Ansatz, das zu reparieren, was sie zuerst kaputt gemacht hätte, so Graninger.
"Es herrscht das totale Chaos"
Seit Juni 2008 dürfen Urheber die Verwertungsgesellschaft selbst auswählen, Gebietsbeschränkungen wurden untersagt. Das hätte den Wettbewerb ankurbeln sollen, doch stattdessen erfolgte eine weitere Fragmentierung der Lizenzen.
"Im Online-Bereich herrscht das totale Chaos. Die derzeitigen Lizenzierungsmechanismen sind viel zu komplex", so Graninger. Amazon und iTunes müssen in den verschiedenen Ländern herumlaufen, um Lizenzen einzusammeln, die großen Plattenlabels fürchten sich vor einer Preisspirale nach unten.
AKM für regulatorischen Rahmen
Die EU möchte jetzt eine grenzüberschreitende Lizenzierungsplattform für Musik zusammenstellen. Dazu wurde die französische Verwertungsgesellschaft SACEM beauftragt, künftig mit europäischen Verwertungsgesellschaften an einem Portal zu arbeiten, über das ein möglichst breites Repertoire lizenziert werden kann.
Der AKM-Generaldirektor glaubt jedoch nicht daran, dass eine EU-weite Lizenzierungsplattform ohne regulatorischen Rahmen realisierbar sei. "Die Major-Plattenfirmen, die immerhin 80 Prozent der gesamten Musik ausmachen, werden nicht freiwillig all ihre Kataloge einbringen", so Graninger. "Es bedarf einer EU-weiten Richtlinie zur Lizenzierung."
(AP/futurezone/Barbara Wimmer)