17.09.2002

CYBER-MAFIA

Bildquelle: BBC

Bullies machen Online-Welten unsicher

Immer mehr Online-Bullies machen die Cyber-Welten von Online-Spielen unsicher. Sie spielen nur, um andere Gamer auszutricksen, zu belästigen und deren Existenz auszulöschen.

Obwohl die Cyber-Bösewichte bisher nur einen geringen Prozentsatz der Spieler-Community ausmachen, haben durch sie bereits Tausende zahlende Kunden das Handtuch geworfen und die Cyber-Welten für immer verlassen.

Publisher wie Sony, Microsoft und Electronic Arts investieren Hunderte Millionen USD in den Aufbau möglichst fesselnder Online-Games und fürchten nun, dass ihnen die virtuellen Saboteure das lohnende Geschäft ruinieren könnten. Sie arbeiten fieberhaft an neuen Systemen, um den Rüpeln das Handwerk zu legen.

Neben Ehrenkodex herrscht Anarchie

Ursprünglich sollte in den Online-Welten eine Art Ehrenkodex herrschen, erfahrene Spieler geben Neulingen schon mal Tipps, und auch der rege Tauschhandel mit verschiedensten Gegenständen blüht.

Doch schnell hat sich auch eine Anarchie in der virtuellen Welt entwickelt. Immer öfter werden Spieler terrorisiert, bestohlen und getötet. Doch nicht das schnelle "Töten" der virtuellen Charaktere lockt die Cyber-Bullies, vielmehr liegt der Reiz im langen Ärgern und Quälen der Konkurrenten.

Der 25-jährige Kurt Frerichs ist einer der bekennenden Spielverderber aus Leidenschaft. Er setzt sich jeden Abend nur mit einem Ziel vor den Computer: Möglichst vielen Mitspielern die Freude am Spielen zu nehmen. Er nutzt genüsslich jeden Weg, den anderen das Leben schwer zu machen.

"Wir Bullies leben von den negativen Reaktionen der Mitspieler", erklärt Frerichs, der jedes E-Mail der Gepeinigten, das seinen bösartigen Charakter beschimpft, sammelt. "Nichts ist schöner als das stundenlange Wehklagen und die Beschimpfungen der Leute, die man gerade getötet hat. Dann weiß man genau, man hat ihn tief getroffen. Es klingt vielleicht grausam, macht aber wirklich Spaß."

Die Taktiken der Bösewichte

Das Arsenal an Boshaftigkeiten eines "professionellen Spielverderbers" ist reichhaltig. Während eine Gruppe von Spielern mühsam gegen ein Monster kämpft und dieses schließlich besiegt, lauern die Bullies in der Nähe, sammeln schnell die dadurch freigegebenen Gegenstände ein und laufen davon.

Mit einer anderen Taktik werden Monster zu ahnungslosen Spielern gelockt. Die Monster sind meist so programmiert, dass sie den am nächsten liegenden Spieler angreifen. Indem die Cyber-Rüpel vor der Attacke schnell bei anderen Spielern vorbeilaufen, werden diese in den Kampf hineingezogen. Auch eine Art virtuelle Mafia hat sich gebildet, deren Angehörige versperren anderen den Weg oder horten wichtige Gegenstände und verkaufen sie nur zu Wucherpreisen.

"Einmal gab es eine Gruppe von Handwerkern in unserem Spiel", sagt Richard Garriott, Entwickler von "Ultima Online". "Sie haben immer wieder einen arglosen Spieler umzingelt und rund um ihn Holz und Möbel aufgetürmt. So konnte sich dieser nicht mehr bewegen. Er saß in einer Art Falle."

Katz-und-Maus-Spiel ohne Ende

Die Anonymität des Internets verleitet viele dazu, online einmal den Bösewicht zu spielen und Dinge zu tun, die sie im richtigen Leben niemals in Erwägung ziehen würden. Immer mit dem Gedanken: Was kann denn schon Schlimmes passieren?

Garriott sieht die Cyber-Welten als eine Art Spiegel der realen Welt. Die Bösewichte sind für ihn ein unvermeidbarer Teil des virtuellen Ökosystems.

Die Spielentwickler versuchen zwar, die Spielverderber zu verwarnen und von den Servern zu verbannen, doch auch mit ausgeklügelten Filtersystemen und eigens eingerichteten "Safe Zones", sind gewiefte Bullies nicht aufzuhalten.

So geht das Katz-und-Maus-Spiel meist erst zu Ende, wenn der Cyber-Verbrecher selbst die Lust daran verliert.