Bilanz-Fälschung löst Börsen-"Panik" aus
Die zweitgrößte amerikanische Ferngesprächs-Telefonfirma WorldCom Inc. hat Falschbuchungen von 3,85 Milliarden USD [vier Milliarden Euro] in ihren Büchern entdeckt und damit "Panik" an den internationalen Börsen ausgelöst und insbesondere Telekom- und Technologie-Aktien in die Tiefe gerissen.
Das schwer angeschlagene Unternehmen hat seinen Finanzchef Scott Sullivan sofort entlassen. Es will jetzt seine Geschäftsergebnisse für das Jahr 2001 und für das erste Quartal dieses Jahres neu herausgeben und am Freitag mit der Kündigung von 17.000 Mitarbeitern beginnen.

Eigentlich Verluste
WorldCom hat die amerikanische Wertpapier- und Börsenkommission SEC und ihre wichtigsten Banken von den Entdeckungen informiert.
Die Gesellschaft hatte durch eine firmeninterne Untersuchung herausgefunden, dass der Transfer bestimmter Kosten zu Kapitalkonten nicht im Einklang mit den amerikanischen Buchführungsregeln [GAAP] gemacht wurde. Der Transfer hat im vergangenen Jahr 3,05 Milliarden USD und im ersten Quartal dieses Jahres 797 Millionen USD betragen.
Deutsche Aktienmärkte brechen ein
Die deutschen Aktienmärkte sind im frühen Handel massiv eingebrochen, was Händler auf die Nachricht um fehlerhafte Bilanzen bei WorldCom zurückführten.
Der Deutsche Aktienindex fiel im frühen Handel zeitweise um mehr als sechs Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit dem 25. September 2001.
"Hier geht die Angst um, dass WorldCom kein Einzelfall ist und die anderen Unternehmen auch falsche Bilanzen ausgewiesen haben", sagte ein Händler.
Die Aktie der Deutschen Telekom gab bis 10.00 Uhr um 6,63 Prozent auf 8,45 Euro nach. Zuvor war das Papier auf ein Rekordtief von 8,14 Euro gestürzt. Auch die anderen Technologie-Titel fielen um rund zehn Prozent. Am Markt herrsche Panik, sagte ein Händler. Am Neuen Markt gab der Blue-Chip-Index Nemax50 7,42 Prozent auf ein Rekordtief von 549 Zählern nach.
Crash auch in Frankreich
An der Pariser Börse hat es unterdessen einen regelrechten Crash bei Telekom-Werten und der Medien-Aktie von Vivendi gegeben.
Die Aktienkurse fielen zur Handelseröffnung auf den tiefsten Stand seit dreieinhalb Jahren, der CAC 40 als Leitindex der 40 wichtigsten Werte stürzte um 3,78 Prozent auf knapp 3624 Zähler. So niedrig hatte er bei einem Handelsschluss zuletzt am 19. November 1998 gelegen.
Fünf CAC-40-Werte wurden wegen zu starker Kursverluste vorübergehend vom Börsenhandel ausgesetzt: die Telefon-Aktien France Telecom, Orange und Alcatel, der Medienkonzern Vivendi Universal sowie die Versicherung Axa.
Die Anteilsscheine des Ausrüsters Alcatel verloren innerhalb von Minuten ein Fünftel ihres Wertes und fielen auf 7,50 Euro, die französischen T-Aktien gaben mehr als 17 Prozent nach und sanken auf das historische Tief von 8,75 Euro. Vivendi Universal verloren gut 15 Prozent und sackten auf den neuen Tiefstand von 17 Euro.
Alcatel hatte zuvor angekündigt, im Gesamtjahr beim operativen Ergebnis doch in die roten Zahlen zu rutschen. Zuvor hatte der Konzern noch mit einem Gewinn gerechnet.