Software-Patente nicht nach US-Modell
Die Patentierung von Software-Entwicklungen in Deutschland und Europa sollte nach Ansicht von Experten nicht nach dem Beispiel der USA ausgeweitet werden.
Zu diesem Schluss kommt eine Studie im Auftrag des deutschen Bundeswirtschaftsministeriums.
Patentrechte WTO-weit angleichen
Die Gutachter plädieren jedoch dafür, dass die Patentrechte
EU-weit angeglichen werden, möglichst sogar auf der Ebene der
Welthandelsorganisation.

Europaweite Harmonisierung
Die EU-Kommission wolle noch in diesem Jahr Richtlinien für die europaweite Harmonisierung vorschlagen.
In den USA ist der im Jahr 2000 in Kraft getretene "Digital Millennium Copyright Act" höchst umstritten.
Einigen Gruppen gehen die Einschränkungen des neuen Urheberrechtsgesetzes zu weit.
Kosten für Anmeldung senken
In der Studie empfehlen das Karlsruher Fraunhofer-Institut für
Systemtechnik und Innovationsforschung und das Münchner
Max-Planck-Institut zudem, die Nachteile kleinerer und mittlerer
Unternehmen im Patentsystem weiter zu verringern. Dazu müssten die
Kosten für die Anmeldung und Durchsetzung der Schutzrechte
systematisch gesenkt werden.

Theorie und Praxis des EU-Patentrechts
Bisher verbietet das europäische Patentübereinkommen grundsätzlich die Patentierung von Software.
Jedoch hat das Europäische Patentamt [EPA] in den letzten Jahren 30.000 Patente auf Programmieraufgaben, Geschäftsideen und organisatiorische Verfahren erteilt. Eine Praxis, die eine Novellierung des Rechts hinsichtlich Software zwingend erscheinen lässt.
Denn - warnt der Förderverein für freie informationelle Infrastruktur [FFII] - würde die nationale Rechtsprechung konsequent dem Willen des EPA folgen, so wäre es demnach heute in Europa nicht mehr erlaubt, medizinische Diagnosen automatisiert durchzuführen.
Abhaltung von Prüfungen gegen das Patentrecht
Ebenso betroffen wären zahlreiche recht alltägliche Verfahren wie
die Abhaltung von Prüfungen in Schulen, die Anbahnung von Geschäften
an der Börse, die Erzeugung von Einkaufszetteln aus Kochrezepten,
die dynamische Festlegung von Verkaufspreisen, das Sprachenlernen
durch Vergleichen der eigenen Aussprache mit der eines Lehrers.

Horrorgallerie der Softwarepatente
DerFFII hat soeben eine Datenbank veröffentlicht, die einen aktuellen Überblick über die umstrittenen europäischen Patente ermöglicht.
Armin Rupp, Patentdatenreferent des FFII: "Wer in den Patentschriften des EPA schmökert, stellt schnell fest, dass es hier weder um Software noch um innovative Programmierlösungen geht. Hier werden einfach systematisch ganze Problemfelder in Besitz genommen."
"Diese lächerlich trivialen und gruselig breiten
EPA-Patente
sind aber vor nationalen Gerichten bisher nicht unbedingt
einklagbar. Die amerikanischen Großkonzerne, denen die
gesetzeswidrig erteilten EPA-Patente zum Großteil gehören, warten
noch auf eine Änderung des europäischen Patentübereinkommens", sagt
Rupp.
