19.11.1999

VERLOCKUNG

Bildquelle: ORF

Vodafone-Offert für feindliche Übernahme

Der britisch-amerikanische Mobilfunkriese Vodafone-AirTouch hat am Freitagmorgen sein angedrohtes feindliches Übernahmeangebot für den deutschen Mannesmann-Konzern vorgelegt. Für den in Düsseldorf ansässigen Anlagenbauer und Telekom-Anbieter Mannesmann, der auf eine mehr als hundertjährige Geschichte zurückblickt, werden nach Firmenangaben aus London nunmehr 124 Milliarden Euro [1.706 Mrd. ATS] geboten, nachdem der Mannesmann-Vorstand eine erste, "freundliche" Kaufofferte über 1.400 Mrd. ATS am Wochenende brüsk zurückgewiesen hatte.

Das neue Angebot richtet sich zunächst an den Mannesmann-Aufsichtsrat, der heute Vormittag in Düsseldorf tagt, soll bei einem "Nein" aber direkt an die Aktionäre des Unternehmes weitergereicht werden: Vodafone bietet ihnen jetzt 53,7 statt wie bisher 43,7 eigene Aktien je Mannesmann-Papier.

Zerschlagung

Der weltweit größte Mobilfunkkonzern Vodafone stellte bereits im Vorfeld des feindlichen Übernahmeangebots klar, dass er ausschließlich am starken Mobilfunk-Standbein des Mannesmann-Konzerns um das D2-Netz in Deutschland und Omnitel in Italien interessiert ist. Die übrigen Unternehmensteile - darunter der Anlagenbau, die Autotechnik, das Röhrengeschäft und die Festnetzaktivitäten um Mannesmann Arcor und Otelo - sollen an die Börse gebracht oder direkt verkauft werden, um den Mega-Deal zu finanzieren.

Management und Belegschaft von Mannesmann hatten sich in den vergangenen Tagen vehement gegen die geplante Zerschlagung eines "kerngesunden" Unternehmens zur Wehr gesetzt.

Ein Zusammenschluss von Vodafone und Mannesmann ergäbe einen riesigen Mobilfunkkonzern mit weltweit mehr als 42 Millionen Kunden.

Minus an der Börse

Die Mannesmann-Aktie hat nach Vorlage eines neuen, feindlichen Übernahmeangebots des britisch-amerikanischen Mobilfunkkonzerns Vodafone-AirTouch an der Frankfurter Börse zunächst zugelegt, dann aber deutlich ins Minus gedreht. Der Anteilsschein, der am Donnerstag bei 207,50 Euro geschlossen hatte, erreichte nach Bekanntwerden des aufgestockten Kaufangebots aus London zunächst bis zu 214 Euro, sackte dann aber kontinuierlich ab. Gegen zehn Uhr lag die Aktie mit rund 201 Euro fast drei Prozent im Minus. Die Vodafone-Aktie gab an der Londoner Börse bereits zum Handelsauftakt nach. Sie verlor im Morgenhandel zunächst knapp ein Prozent auf 281,5 Pence.

Schröder warnt

Angesichts des Übernahmekampfes zwischen Mannesmann und Vodafone hat der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder vor negativen Auswirkungen feindlicher Übernahmeangebote gewarnt. Schröder sagte in einem Interview mit der französischen Zeitung "Le Monde", derartige Übernahmen seien in einer freien Wirtschaft nicht verboten. Aus seiner Sicht dürften sie aber nicht die "Kultur eines Unternehmens zerstören". Auch müssten sich alle Beteiligten darüber im Klaren sein, dass Übernahmen gegen den Willen des betroffenen Unternehmens "nicht nur dem [Übernahme-] Ziel schaden, sondern mittelfristig auch dem Angreifer selbst".

Die Urheber feindlicher Übernahmeversuche dürften in Deutschland zudem die Tradition der gewerkschaftlichen Mitbestimmung nicht unterschätzen, betonte der Bundeskanzler. "Aus diesen Gründen mahne ich diejenigen zu größter Vorsicht, die sich in solche Abenteuer stürzen wollen."