Urteil im Compuserve-Prozess erwartet
Im Münchner Prozess gegen den früheren Chef von Compuserve Deutschland, Felix Somm, wird heute ein Urteil erwartet.
Die Hauptrolle in dem Prozess hat eigentlich das deutsche Multimediagesetz gespielt. Das Gesetz mit der offiziellen Bezeichnung Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz [IuKDG] trat am 1. August 1997 in Kraft und regelt zentrale Rahmenbedingungen für die Telekommunikationsbranche. Neben verschiedenen Bestimmungen unter anderem zum Datenschutz regelt das Gesetz auch die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern wie den Anbietern von Internet-Zugängen.
Dazu bestimmt das IuKDG im § 5:
Diensteanbieter sind für eigene Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Eine automatische und kurzzeitige Vorhaltung fremder Inhalte auf Grund Nutzerabfrage gilt als Zugangsvermittlung. Verpflichtungen zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen bleiben unberührt, wenn der Diensteanbieter unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses [...] von diesen Inhalten Kenntnis erlangt und eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist.
Welche Entscheidung die Berufungskammer voraussichtlich heute Nachmittag fällen wird, dürfte von den Ergebnissen der Befragung von zwei Sachverständigen abhängen.
Die Experten sollen sich zu der Frage äußern, ob der frühere Deutschland-Manager des amerikanischen Online-Providers Compuserve den Zugang zu den verbotenen Newsgroups überhaupt hätte unterbinden können. Beide Gutachter haben bereits angedeutet, dass dies jedenfalls im Jahr 1996 nicht möglich gewesen sei. Der Ex-Manager Felix Somm hatte damals die Bedenken der deutschen Behörden an die Mutter-Firma weitergeleitet, die nachweislich den Zugriff auf die verbotenen Dateien gesperrt hatte.
Meinungswechsel
Ursprünglich warf die Anklagebehörde Somm vor, dass einige Newsgroups später wieder geöffnet worden seien. Die Staatsanwaltschaft ging im ersten Prozess dann aber auch ihrerseits von der Schuldlosigkeit des Managers aus und beantragte Freispruch. Letztlich legte auch die Staatsanwaltschaft gegen Somms Verurteilung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 100.000 Mark Geldbuße Berufung ein.