Deutsche Telekom kauft in Frankreich ein
Nach dem Zerwürfnis mit dem langjährigen Allianzpartner France Telecom und dessen jüngstem Milliarden-Erwerb auf dem deutschen Markt übernimmt die Deutsche Telekom nun erstmals auch ein Telekommunikationsunternehmen in Frankreich.
Der deutsche Ex-Monopolist gab heute den Kauf des auf Geschäftskunden spezialisierten Privatanbieters Siris für 700 Millionen Euro [9,6 Mrd. ATS] bekannt. Siris bietet Festnetztelefonie, Mobilfunk sowie Internet und andere Datendienste an, verfügt laut Telekom über eine "flächendeckende Netzinfrastruktur" sowie über alle in Frankreich erforderlichen Lizenzen als Netzbetreiber. Das Unternehmen - bislang Frankreich-Tochter der internationalen Telekom-Allianz Unisource - würde sich damit für einen Ausbau zum Allround-Anbieter auch für Privatkunden anbieten.
Siris
Siris hat nach Telekom-Angaben jedes dritte im französischen Börsenindex CAC-40 vertretene Unternehmen als Kunden. Die Firma betreibt ein landesweites Glasfasernetz von rund 2.000 Kilometer Länge, das bis Ende 2000 auf 5.000 Kilometer ausgebaut werden soll. Es verknüpft bereits jetzt alle wichtigen Wirtschaftszentren Frankreichs miteinander, darunter Paris, Straßburg, Lyon, Marseille, Toulouse, Bordeaux und Lille. Die gesamte Netzausrüstung wurde laut Telekom in den letzten drei Jahren installiert und entspricht damit "dem neuesten Stand der Technik". Siris beschäftigt 400 Mitarbeiter und soll in diesem Jahr einen Umsatz von 115 Millionen Euro [1,58 Mrd. ATS] erwirtschaften. Für 2000 sind 175 Millionen Euro Umsatz angepeilt. Noch erzielt das Unternehmen der Telekom zufolge Anlaufverluste. Genaue Zahlen wollte der Firmensprecher nicht nennen.
Deutsche Telekom gegen France Telecom
Mit dem Kauf von Siris wird die Deutsche Telekom erstmals zu einem direkten Mitbewerber von France Telecom auf dem französischen Markt.
Die Allianz zwischen beiden Ex-Monopolisten hatte die Firmen jahrelang vom Heimatmarkt des jeweils anderen ferngehalten. Nach dem Zerwürfnis im Frühjahr angesichts der Annäherung der Deutschen an Telecom Italia drängten die Franzosen vor einem Monat erstmals massiv auf den deutschen Mobilfunkmarkt. Sie kauften für 100,8 Milliarden ATS die Mehrheit an E-Plus.
Vodafone lässt bei Mannesmann nicht locker
Auch die Übernahmeschlacht zwichen dem britisch-amerikanischen Mobilfunkanbieter Vodafone Airtouch und dem Mannesmann-Konzern geht weiter. Vodafone-Chef Chris Gent hat gestern angekündigt, sollte der Mannesmann-Vorstand auch auf eine neue Kaufofferte nicht eingehen, werde sich Vodafone direkt an den Aufsichtsrat des Düsseldorfer Konzerns wenden. Bis Donnerstag will Vodafone nun seine Aktionäre befragen, ob und wie das bisherige Kaufangebot für Mannesmann verändert werden könnte. Ein neues Offert könnte schon am Freitag gestellt werden.
Schon gestern Vormittag hatte Vodafone in London ein neues Angebot für den sich widerstrebenden Mannesmann-Konzern in Aussicht gestellt und zugleich deutlich gemacht, dass auch vor einer feindlichen Übernahme nicht zurückgeschreckt werde. Gent betonte in Frankfurt, Vodafone würde sich lieber gütlich mit Mannesmann einigen. Aber auch wenn Mannesmann die Offerte weiter ablehne, werde sein Konzern mit dem Angebot fortfahren, sagte der Unternehmenschef weiter. Allerdings werde Vodafone nicht jeden Preis für Mannesmann bezahlen, vielmehr müsse das Angebot wirtschaftlich gerechtfertigt sein. Ob und um wie viel Vodafone das bisherige Angebot zum Aktientausch erhöhen wolle, sagte Gent jedoch weiterhin nicht.
Vodafone Airtouch bietet bisher einen Aktientausch an, der die Mannesmann-Papiere auf der Basis des Kursniveaus von Dienstagnachmittag mit 198 Euro bewertet. Die Aktie des Düsseldorfer Konzerns schoss allerdings nach der Offerte in die Höhe und beendete den Handel am Dienstag mit 207,65 Euro. Analysten hatten zuvor nicht ausgeschlossen, dass Vodafone bis zu 250 Euro je Mannesmann-Aktie bieten könne, was Mannesmann mit rund 245 Milliarden DM bewerten würde. Mannesmann hatte bereits am Sonntag die Offerte abgelehnt und am Dienstag erklärt, jeder neue Übernahmeversuch werde als feindlich angesehen.
Absichten & Strategien
Gent nannte in Frankfurt Details zur geplanten Strategie im Falle eines erfolgreichen Abschlusses der Mannesmann-Übernahme. So sollen 20 bis 25 Prozent der Festnetzaktivitäten von Mannesmann Arcor und Infostrada binnen 18 Monaten an die Börse gebracht werden, wie der Vodafone-Chef sagte. Der Name Mannesmann würde durch die Übernahme zumindest im Telefongeschäft wahrscheinlich verschwinden. Vodafone sei ein hervorragender Markenname. Er könne sich zum Beispiel vorstellen, dass der Mobilfunkbereich später "Vodafone D2" heiße, fügte Gent hinzu.
Die Unternehmensbereiche Maschinenbau und Automobilzulieferung sollen indes komplett verkauft werden, wie Gent weiter sagte. Vodafone habe mit diesen Branchen nichts zu tun, und es wäre besser, wenn die bisher Verantwortlichen die Geschäfte auch weiterhin führten. Gent verwies zugleich darauf, dass bei einem Scheitern der Übernahme, Vodafone seine bisherige Kooperation mit dem deutschen Unternehmen beibehalten wolle.
Weltmarktführer
Vodafone hatte zuvor die Bedeutung eines Zusammenschlusses mit Mannesmann hervorgehoben. So würden die beiden Unternehmen gemeinsam zum "europäischen Weltmarktführer" in der Telekommunikation aufsteigen. Der Konzern würde weltweit über 42 Millionen Nutzer verfügen, in Europa hätte er 30 Millionen Kunden. Gemeinsam hätten Mannesmann und Vodafone die Kontrolle über die vier größten privaten Mobilfunkgesellschaften in Europa.
Über die energische Ablehnung durch Mannesmann zeigte sich Gent überrascht. Für Mannesmann-Chef Klaus Esser sei die Unabhängigkeit des Unternehmens offensichtlich am wichtigsten. "Es gibt keinen Preis, zu dem er das Unternehmen verkaufen würde", habe Esser ihm mitgeteilt, sagte Gent. Das deutliche Zurückweisen deute jedoch darauf hin, dass der Mannesmann-Chef "Angst" bekommen habe. Gent fügte hinzu, bei der Fusion stelle sich nicht die Frage nach Nationalitäten oder Abhängigkeiten. Es gehe darum, einen global schlagkräftigen Konzern zu schaffen und Kosten einzusparen, betonte Gent.
Vodafone-Chef Gent will Orange von Mannesmann trennen
Nach neuesten Meldungen will Vodafone-Chef Chris Gent nach der angestrebten Übernahme des Mannesmann-Konzerns den von den Düsseldorfern gerade übernommenen Mobilfunkanbieter Orange wieder abtrennen und als eigenständiges Unternehmen an die Börse bringen. Er werde Orange "befreien", sagte Gent am Dienstagabend im ZDF. Das Unternehmen war vor der Übernahme mit 3,5 Millionen Kunden Dritter auf dem britischen Markt.