09.03.2001

DESASTER

Bildquelle: PhotoDisc

Dot.com-Krise erfasst auch Blue Chips

Die Krise der Internet-Branche hat jetzt auch den Chip-Marktführer Intel erreicht: Das Unternehmen korrigierte am Donnerstagabend seine Umsatzerwartung für das erste Quartal um 25 Prozent nach unten und will jetzt die Zahl seiner weltweit 87.000 Arbeitsplätze bis zum Jahresende um 5.000 verringern.

Intel führte die schlechteren Geschäfte auf die allgemeine Konjunkturabschwächung zurück. Der Nachfrageknick bei Personalcomputern sei jetzt auch bei Netzwerktechnik und Servern spürbar.

Stärkstes Minus seit 1983

Ein solcher Rückgang wäre das deutlichste Minus bei Intel seit 1983.

Die einstige Dot.com-Krise hat die gesamte Technologiebranche erfasst. "Wenn ich derzeit auf die weltweite Wirtschaft oder die Intel-Geschäfte schaue, kann ich niemandem große Hoffnungen machen", sagte Bryant. Die Intel-Aktie gab am Donnerstag im nachbörslichen Handel deutlich nach.

"Wir sehen eine [Nachfrage-] Schwäche bei allen Produkten von Intel: den Flash-Speicherbausteinen, Netzwerk-Bausteinen und Mikroprozessoren", sagte Finanzchef Bryant weiter.

Auch andere Unternehmen betroffen

Analysten sagten, da es bei Intel in allen Bereichen schlechter laufe, sei zu erwarten, dass eine Reihe anderer Unternehmen vor ähnlichen Problemen wie jetzt Intel stünden. Der US-Konzern teilte weiter mit, er rechne mit einer Belebung der Nachfrage im zweiten Halbjahr 2001.

Hoffen auf zweites Halbjahr

Nach Einschätzung von Analysten muss es dann aber in den Monaten Juli bis Dezember zu einem Absatzanstieg von 30 Prozent kommen, um zu verhindern, dass erstmals in der Geschichte der Computerindustrie der Absatz unter dem Vorjahresniveau liegt.

Zur Begründung für die korrigierte Umsatzprognose teilte Intel mit, die nachlassende Nachfrage nach Computern habe auch den Verkauf von Chips erschwert. Die Nachfrage habe sich auf allen Märkten abgeschwächt. Die USA seien dabei "die größte Enttäuschung" gewesen. Die Lagerbestände seien nun bei einigen Halbleiter-Sorten höher als normal.

"Betrifft einfach alles"

Analysten zeichneten nach der Intel-Ankündigung ein düsteres Bild auch für andere Firmen. "Der Abschwung ist nicht auf einen einzelnen Bereich beschränkt", sagte etwa Dan Niles von der Investmentbank Lehman Brothers. "Es ist ein weltweites Problem und betrifft nicht nur die Lagerbestände, die Nachfrage oder Computer. Es betrifft einfach alles. Und das wird sicher auch Auswirkungen für eine Reihe anderer Unternehmen haben."

"Zieht sich durch alle Geschäftsbereiche"

Dem schloss sich auch Hans Mosesmann von Prudential Securities an: "Das ist der Beweis, dass der starke Mann [Branchenführer Intel, Anm.] keinerlei Verbesserung bei der Nachfrage der Endverbraucher sieht. Und das zieht sich durch alle seine Geschäftsbereiche."

Neben Intel gaben am Donnerstag auch kleinere Halbleiter-Hersteller wie National Semiconductor und ON Semiconductor sowie die Telekom-Ausrüster Somera und Intersil Umsatzwarnungen aus. Auch hier wurde das mit einer geringeren Nachfrage nach den Produkten der Firmen begründet.

Intel nicht allein mit Gewinnwarnungen

Schon am Mittwoch hatten mehrere US-Technologiefirmen, darunter das Internet-Portal Yahoo und der Softwarehersteller Tibco, Gewinnwarnungen ausgegeben und damit nach Händlerangaben auf breiter Front Kursverluste auch bei anderen High-Tech-Aktien ausgelöst. Der Nasdaq-Index gab am Donnerstag erstmals in dieser Woche nach und verlor 2,48 Prozent auf 2.168,73 Punkte.