Online-Journalismus in der Krise
CNN will einem Zeitungsbericht zufolge im Rahmen einer Umorganisation seiner Fernseh- und Internet-Sparten Hunderte Mitarbeiter entlassen.
Die Online-Ausgabe des "Wall Street Journal" berichtete am Donnerstag unter Berufung auf Industriekreise, CNN habe in einer internen Mitteilung im Dezember aggressive Veränderungen angekündigt. Die Entlassungen könnten bereits kommende Woche beginnen.
CNN hat etwa 4.000 Angestellte. Dem Bericht zufolge ist die Entlassung von 500 bis 1.000 Mitarbeitern geplant. Tiefe Einschnitte werde es im Internet-Bereich geben. Eine CNN-Sprecherin habe dazu erklärt, das Unternehmen beteilige sich nicht an Spekulationen um Personalfragen. CNN gehört zum Medienunternehmen Time Warner, das mit dem Online-Dienstleister America Online [AOL] eine Fusion eingegangen ist.

Auch Murdoch und "NYTimes" sparen
CNN ist innerhalb einer Woche die dritte Mediengruppe, die im Online-Bereich größere Stellenstreichungen vornimmt.
Am Donnerstag voriger Woche hatte die Rupert Murdoch gehörende australische Mediengruppe News Corp Ltd. angekündigt, dass sie rund 200 Online-Jobs streichen und ihre Online-Sparte einstellen wird. Damit sollen Kosten in "zweistelliger Millionenhöhe" gespart werden.
Am Montag dieser Woche hatte die New York Times Company angekündigt, in ihrer verlustbringenden Internet-Abteilung "New York Times Digital" [NYTD] 69 Stellen und damit 17 Prozent aller Arbeitsplätze zu streichen. Damit soll die Online-Tochter im Jahr 2002 rentabel werden.
Anzeigeneinnahmen weit unter Erwartung
Als Begründung nannte die "New York Times", dass sich das Wachstum der Online-Anzeigen bei "New York Times Digital" verlangsamt habe. Die Streichungen beträfen alle Ebenen und Niederlassungen der insgesamt 400 Mitarbeiter umfassenden Internet-Sparte, hieß es weiter. Die NYTD betreibt Internet-Sites wie NYTimes.com, Boston.com und newyorktoday.com. Die "New York Times" hatte ebenso wie viele Internet-Firmen vor einigen Monaten auf einen Börsengang ihrer Internet-Sparte verzichtet.
Die "New York Times" verkaufte auch fast ihre gesamte Minderheitsbeteiligung an dem angeschlagenen Finanznachrichten-Anbieter "TheStreet.com". Die Times hatte gemeinsam mit TheStreet.com ein Nachrichtenbüro geführt, doch schloss sie diese Operationen im November 2000.

Rote Zahlen und rote Stifte
Auch andere US-Medienkonzerne bauen Stellen in ihren Online-Sparten ab. Einer der Pioniere des Online-Journalismus, das E-Zine Salon.com, entließ im vergangenen Dezember 20 Prozent der Belegschaft. Bisher schreiben fast alle Internet-Sparten von Medienunternehmen rote Zahlen.
Viele Dot.com-Unternehmen haben angesichts des drastischen Kursverfalls ihrer Aktien und hoher Verluste ihre Ausgaben für Online-Werbung drastisch gekürzt oder gleich ganz den Betrieb eingestellt. Jetzt erschwert die schlechte US-Wirtschaftslage das Internet-Werbegeschäft noch mehr.
Generell scheinen Dot.com-Unternehmen ihren Reiz verloren zu haben. "Seit rund einem Jahr kommen die Leute zurück, weil sie von dem stabileren Umfeld der traditionellen Medienunternehmen angezogen werden", sagte eine Sprecherin des US-Medienkonzerns Gannett, der unter anderem die Tageszeitung "USA Today" herausgibt.
Rückstrom zu traditionellen Medienhäusern
Der Trend macht sich auch auf Online- Jobmärkten bemerkbar. "Wir
verzeichnen einen riesigen Mitgliederzuwachs, offenbar weil die
Leute sich Sorgen machen oder schon gekündigt wurden", sagte der
Gründer des Jobmarkts mediabistro.com, Laurel Touby. "Seit Oktober
oder November haben die Leute Angst." Doch die verlorenen Söhne und
Töchter können nicht unbedingt mit freundlicher Aufnahme bei ihren
alten Arbeitgebern rechnen. Mancher in der Branche rechne mit einem
wirtschaftlichen Abschwung und glaube, die Unternehmen seien schon
zu groß geworden, sagte Unger. Auch in den traditionellen
Medienhäusern stünden deshalb Stellenstreichungen bevor.

