Hamlet goes High-Tech
Unter den mehr als 40 Verfilmungen von "Hamlet" zählt die von Michael Almereyda sicherlich zu den spektakulärsten: Aus dem Staat Dänemark machte er die Denmark Corp., einen mächtigen Multimedia-Konzern mit Sitz in New York.
Aus dem dänischen König Claudius wurde der CEO des Konzerns, aus dem Prinzen Hamlet ein junger Filmemacher, der ständig mit einer PixelVision-Kamera in der Hand herumläuft.
Die Transponierung des über 400 Jahre alten Shakespeare-Stücks in die Gegenwart ist konsequent: Der Geist von Hamlets toten Vater erscheint auf den Monitoren von Überwachungskameras. Der Befehl, Hamlet zu töten, wird per Diskette übermittelt. Fortinbras, der Gegenspieler des dänischen Königs, lächelt vom Cover der Zeitschrift "Wired".
"Sein oder Nichtsein" im Jahr 2000
Der Text von Shakespeare wurde leicht gekürzt, ansonsten aber unverändert gelassen. Nicht alle Textzeilen werden deklamiert, einige werden auch per Fax übermittelt, von Nachrichtensprechern im Fernsehen verlesen oder als Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen.
Mitunter gerät die moderne Präsentation von "Hamlet" allzu ironisch oder trivial, etwa in der Szene, in der Hamlet in einer Videothek eine endlos lange Reihe mit Action-Filmen entlangschlendert und den berühmten Monolog spricht: "Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage."
Hochkarätige Schauspieler
Für seine High-Tech-Fassung von "Hamlet" konnte Regisseur Almereyda hochkarätige Schauspieler wie Kyle MacLachlan ["Twin Peaks", "Dune"], Bill Murray und Sam Shepard verpflichten. In der Hauptrolle des von Weltschmerz und privaten Katastrophen geplagten jungen Prinzen ist Ethan Hawke zu sehen, der sich dabei ein Vorbild an "Nirvana"-Sänger Kurt Cobain genommen hat.
Peinliches Detail: Während der Film vor wenigen Wochen unter großer medialer Aufmerksamkeit in Großbritannien und Deutschland angelaufen ist, hat sich in Österreich kein Verleih dafür gefunden. "Der Rest ist Schweigen..."
Die "screenplay adaptation" von Michael Almereyda ist in Buchform beim englischen Verlag Faber & Faber erschienen. Es enthält ein Vorwort von Ethan Hawke.
William Shakespeare's Hamlet
adapted by Michael Almereyda
193 pages, Faber Paperbacks, London 2000
ISBN: 0571206891