18.12.2000

IT-GASTARBEITER

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IT-Wirtschaft kritisiert die AT-Regierung

Österreichs IT-Wirtschaft hat heute auf einer Pressekonferenz die Politik der Regierung im Tonfall freundlich aber in der Sache hart kritisiert.

Kernpunkte waren dabei - wieder einmal - die fehlenden Fachkräfte und die fehlende Koordination der zahlreichen Einzelaktivitäten der Regierung zu einer einheitlichen IT-Strategie.

Die "neuen Branchen der Informationstechnologie" erwirtschaften laut der Wirtschaftskammer [WKÖ] derzeit in Österreich mehr als 150 Milliarden ATS bzw. fünf Prozent des BIP jährlich.

Angesichts dieser Bedeutung der IT-Branche habe der Fachkräftemangel in diesem Bereich natürlich deutliche Auswirkungen auf die heimische Volskwirtschaft, erklärte Friedrich Bock von der WKÖ weiter.

Erhöhung der Einwanderungsquote

Ernst Nonhoff, Generaldirektor von IBM Österreich, warnte davor, dass trotz der Ausweitung des Bildungsangebotes an den Unis und Fachhochschulen laut einer Studie der ICD IT-Dienstleistern aber auch den Anwendern in der Wirtschaft in den nächsten Jahren bis zu 85.000 Fachkräfte fehlen könnten.

Deshalb müssten jetzt die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, um dieses Defizit zu verringern.

In diesem Zusammenhang forderte WKÖ-Präsident Christoph Leitl die Bundesregierung auf, ihre Haltung zur Einwanderungsquote von IT-Fachkräften nochmals zu überdenken.

"Langfristig muss es unser Ziel sein, die Fachkräfte im Inland auszubilden. Kurzfristig können jedoch ausländische IT-Experten auch aus Nicht-EU-Ländern der Wirtschaft wichtige Impulse bringen", so Leitl.

Fehlendes Gesamtkonzept der Regierung

Der zweite große Kritikpunkt von WKÖ und IT-Unternehmen ist ein fehlendes Gesamtkonzept der Regierung zur IT-Förderung.

Ziel müsse es sein, die "Qualitätslücke" zwischen dem Handeln der Regierung und der Leistungsfähigkeit der heimischen Betriebe im eBusiness zu schließen, sagte WKÖ-Präsident Leitl.

"Die Sozialpartner haben mit dem Abschluss von zwei richtungsweisenden Kollektivverträgen für die IT-Branche ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt."

Aber die Veränderungen bei den Rahmenbedingungen gehen mir viel zu langsam voran", sagte Leitl und verlangt von der Regierung eine intensiveDurchforstung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die digitale Wirtschaft, z.B. in der beruflichen Weiterbildung, beim Arbeitsgesetz, im Verwaltungsrecht etc.

Vorbild Finnland

Oracle-Geschäftsführer Wilfried Schöfer sieht sieht eine enorme Verzettelung.

"Bei mehr als 20 Einzelinititaiven, verteilt auf die unterschiedlichsten Ministerien kommt es zwangsläufig zu Parallel- und Leerläufen. Was fehlt, ist eine österreichweite Strategie und der politische Wille, auch in einer digitalen Welt zu den führenden Volkswirtschaften zu gehören", kritisiert Schöfer.

Als positive Beispiele nannte er das Technologieministerium MITI in Japan und Nokia in Finnland, wo es gelungen ist, als kleines Land mit einer gemeinsamen Strategie eine Position als "Global Player " im IT-Geschäft zu erreichen.

Fritz Bock von der ARGE Informationsgesellschaft wies darauf hin, dass die Informations- und Telekommunikationswirtschaft mit einem Umsatz von 150 Milliarden ATS, über 100.000 Beschäftigten und einem Anteil von 5 Proztent am BIP die Landwirtschaft längst überholt hat [2,4 Prozent vom BIP]. "Deshalb haben wir uns auch entschlossen in der Wirtschaftskammer ein siebente Sparte "Dienstleistungen" einzurichten, damit die interessenpolitische Arbeit und die Servicequalität für die Betriebe hier noch fokussierter erfolgen kann", so WKÖ-Präsident Leitl.