Infowar um das Atomlabor Los Alamos
Nachrichten von Pannen in Hochsicherheitsbereichen sind generell mit großer Vorsicht zu betrachten.
Da sie fast immer von involvierten Nachrichtendiensten stammen, dienen sie immer einem Zweck, der in sehr unterschiedlichem Verhältnis zum Nachrichtenwert selbst stehen kann.
Jene Angestellten aus den Labors von Los Alamos, die im Mai angeblich zwei Festplatten mit atomaren Geheimnissen verwurstelt hatten, sollen jedenfalls bestraft werden, befand die Untersuchungskommission - und machte dies in einer Aussendung am Freitag auch öffentlich.
Verlust vertuscht
Die Angestellten hatten den Verlust der beiden Drives, die im
Juni hinter einem Photokopiergerät angeblich wieder aufgetaucht
waren, nicht gemeldet. Für die Geheimdienste, deren oberster Auftrag
lautet, möglichst viel im voraus zu wissen, ist das der Worst Case.
Dementsprechend haben sie jetzt mit einem gezielten "leaking" von
Namen darauf reagiert.

Karrieren beendet
Während der Direktor von Los Alamos, John Browne bedauerte, dass ihn US-Gesetze daran hinderten, die Namen der Missetäter und deren mögliches Strafmaß zu nennen, kam die New York Times mit drei Namen heraus.
Neben einem Wissenschaftler namens Bradley A. Clark, der gefeuert werden soll, wurden Browne selbst und Stephen M Younger, der Direktor des Atomwaffenprogramms, als zu Disziplinierende genannt.
Die Karrieren aller drei im Dienst des Pentagon sind damit über kurz oder lang beendet, obwohl die Kommission kein Schadensausmaß festlegen konnte oder wollte.
Der Fall Wen Ho Lee
Anfang des Monats wurde der im letzten Jahr aus Los Alamos wegen
ähnlicher Delikte fristlos entlassene Wissenschaftler Wen Ho Lee auf
freien Fuß gesetzt. Von 59 Anklagepunkten wegen fahrlässigen Umgangs
mit geheimen Material hatte gerade einer standgehalten. Der schon
vor der Verhandlung fallen gelassene Vorwurf der Spionage hatte Lees
Karriere als Wissenschaftler im US-Hochsicherheitsbereich beendet.

Die Kampagne der Dienste
Offenbar geht es den Diensten ganz generell darum, den gesamten öffentlichen Dienst der USA zu äußerst restriktivem Umgang mit sensiblen Daten und mobilen Speichermedien anzuhalten.
Los Alamos, in dem die amerikanische Atombombe entstanden war, ist als nationales Symbol besonders gut geeignet, paradigmatisch auszusagen: "Wer die Sicherheitsregeln nicht ernst genug nimmt, wird nicht Karriere machen."
Es handelt sich um eine ganz ähnliche Kampagne wie jene, als britischen Geheimdienst-Mitarbeitern gleich mehrere Laptops hintereinander abhanden kamen. Alle Informationen darüber stammten aus Geheimdienst-Kreisen, dienten also einem bestimmten Zweck.
Die Gutachter des Carnivore
Ein weiterer aktueller Fall, in dem Namen öffentlich geworden
sind, scheint nur ähnlich gelagert. Die Namen der Gutachter des
Illinois Institute of Technology, die den Fall Carnivore
untersuchen, sind in der Veröffentlichung des US Departement of
Justice nur unzureichend geschwärzt: copy und paste brachten mehrere
Namen an die Öffentlichkeit.


Geschwärzte Listen
Der neuseeländische Geheimdienstkenner Nicky Hager, hatte kürzlich bei einem Referat in Wien erzählt, wie er auf seine Klagen nach dem Freedom of Information Act vom Government Communications Security Bureau jahrelang fast vollständig eingeschwärzte Dokumente erhalten hatte.
Sehr viele seiner Erkenntnisse, sagte Hager zur FutureZone, seien auf Passagen in diesen Dokumenten zurückzuführen, die so unzureichend geschwärzt waren. dass man die Schrift entziffern konnte.