Anleger unterschätzen Risiko auf Neuem Markt
Der Neue Markt ist wieder einmal ins Gerede gekommen.
Die mögliche Pleite des dort notierten Telekom-Unternehmens Gigabell kratzt weiter am Image des noch jungen Wachstumsmarktes, von dem viele Anleger nach wie vor die schnelle Mark mit Aktiengeschäften erwarten.
Schon vor Wochen kursierten so genannte Todeslisten, die zahlreichen Unternehmen ein baldiges Ende voraussagten. Analysten und Aktionärsvereinigungen sind sich einig: Weitere Insolvenzverfahren werden folgen. Entsprechend zurückhaltend bewerten Experten die derzeitigen Gewinnchancen mit jungen Internet-, Biotechnologie- und Computer-Aktien.
"Gigabell war die erste, aber sicher nicht die letzte Pleite auf dem Neuen Markt", sagt Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz in Düsseldorf. Gigabell brach am Montag zeitweise um 63,98 Prozent auf 4,15 Euro ein. Manche Anleger hätten das Risiko im Börsenfieber der vergangenen zwölf Monate unterschätzt. "Sie haben gedacht, der Neue Markt sei genauso sicher wie der DAX, nur mit einem vielfachen Gewinn", sagt Kurz.

Um sich vor Verlusten zu schützen, sollten Anleger vor allem die Unternehmensprognosen sehr sorgfältig lesen, sagt Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre. "Außerdem ist es sinnvoll, nicht nur in einen Wert zu investieren." Nach Auffassung von Nord-LB-Analyst Alexander Viets sollten besonders die Geschäfts- und Quartalsberichte genau studiert werden. "Doch vor falschen Ad-hoc-Mitteilungen [Pflichtmitteilungen] kann sich keiner schützen", meint er in Anspielung auf das Augsburger Softwareunternehmen Infomatec. In diesem Fall ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs gefälschter Veröffentlichungen des Unternehmens.
Auch die für den Laien oft unbekannten und schwer verständlichen Produkte junger Internet-Firmen erschweren die Auswahl der Aktien. "Die Anleger sind inzwischen nicht mehr so schnell bereit, in Bereiche zu investieren, die sie nicht kennen", sagt Kurz. Selbst für Analysten sei es manchmal schwierig, die Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen genau zu erkennen, meint auch Viets.
Leider würden die Ad-hoc-Mitteilungen für Werbung missbraucht, sagt Kurz. "Inzwischen ist es schon so weit, dass die Einstellung des Pförtners gefeiert wird." Problematisch sei, dass "einige wenige mit den Mitteilungen nicht ganz sauber arbeiten - und die bringen dann den gesamten Neuen Markt in Verruf".