AOL/Time-Warner-Merger wackelt
Die Fusion zwischen den Medienkonzernen America Online [AOL] und Time Warner stößt auf beiden Seiten des Atlantiks auf Widerstand der Wettbewerbshüter.
Übereinstimmenden Berichten der Zeitungen "Washington Post" und "Wall Street Journal Europe" vom Dienstag zufolge erwägt die
US-Handelsaufsicht FTC [Federal Trade Commission], den Zusammenschluss gerichtlich zu stoppen, wenn der neue Konzern sein Kabelnetz in den USA nicht für die Konkurrenz öffnet.
Monopolstellung auf dem Medienmarkt befürchtet
Die FTC-Anwälte hielten im Falle eines Zusammenschlusses eine
Monopolstellung des neuen Mediengiganten auf Märkten für möglich,
auf denen er allein den Zugang zum Internet und zum Kabelfernsehen
gewähre, berichtete die "Washington Post". Dadurch werde den
Verbrauchern die freie Wahl zwischen mehreren Anbietern unmöglich
gemacht. Ein gerichtliches Verfahren würde die im Januar
angekündigte Fusion der beiden Medienkonzerne gefährden. Derzeit
verhandeln die Unternehmen noch mit Vertretern der FTC und des
Senats über die Bedingungen des Zusammenschlusses.

Auflagen für AOL
Die "Washington Post" berichtet heute auch, dass die US-Wettbewerbsbehörde von AOL als Voraussetzung für die Genehmigung der Fusion mit Time Warner den Verkauf ihres 1,5-Mrd.-Dollar-Anteils [1,7 Mrd. Euro] an Hughes Electronics Corp, einer Sparte von General Motors, verlangen könnte.
Die "Post" beruft sich dabei auf verhandlungsnahe Kreise. Der Grund sei die Forderung der Behörde nach freiem Zugang zu schnellen Datenübertragungswegen durch Satellit oder Kabel, den sie durch das Zusammengehen der beiden Konzerne bedroht sieht.

Vorbehalte auch in Brüssel
Auch die EU-Kommission meldete schwere Bedenken gegen die geplanten Fusionen an.
Brüssel hat daher vertiefte Prüfungen sowohl des Zusammenschlusses AOL-Time Warner als auch der Fusion zwischen der Warner-Musiksparte und der britischen EMI eingeleitet.
Am Mittwoch beginnen in Brüssel Anhörungen zu beiden Vorhaben. Bei den Brüsseler Anhörungen haben beide Unternehmen die Gelegenheit, die Bedenken der EU-Wettbewerbshüter auszuräumen. Zugleich dürfen unbeteiligte Firmen ihre Argumente vortragen.
Montis Mannen
Ein Kommissionssprecher hatte in der vergangenen Woche bestätigt,
dass den Unternehmen Dokumente zugestellt wurden, in denen die
Kommission ausführlich ihre Bedenken darlegt. Es handle sich aber um
einen normalen Vorgang im Rahmen eines solchen Prüfverfahrens der
EU. Presseberichten zufolge fürchtet die EU-Kartellbehörde, dass das
fusionierte Unternehmen weltweit das Musikgeschäft dominieren wird,
und zwar sowohl den traditionellen Verkauf als auch den wachsenden
Internet-Markt.
