29.08.2000

UMBRUCH

Online-Trading noch auf wackeligem Boden

Internet-Geschäfte generell und E-Brokerage [Internet-Wertpapiergeschäfte] im Speziellen werfen zahlreiche rechtliche Fragen auf, die bis dato noch wenig beachtet wurden.

"Wir haben es hier mit einer Goldgräberwirtschaft zu tun", sagte Philip E. Göth von Deloitte & Touche Wien bei seinem Vortrag beim Bankenseminar im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach am Montagabend. Bei näherer Betrachtung zeige sich, dass vieles nicht gesetzeskonform sei.

Göth rechnet mit einer baldigen Schließung der Gesetzeslücken: "Ich glaube, in den nächsten zwei, drei Jahren bekommen wir eine ziemlich klare Situation." Derzeit seien viele Dinge juristisch noch nicht geklärt, etwa die genaue Funktion einer Bank bei Wertpapiertransaktionen: Nimmt sie nur die Einlage vor oder handelt es sich um eine konkrete Finanzdienstleistung gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz [WAG]?

Im zweiten Falle müsste sie sich vergewissern, dass der Kunde mit den Spielregeln des Marktes vertraut sei. Problematisch sei die Schnittstelle zwischen einem reinen Programm und einem echten Wertpapierdienstleister im Sinne des WAG.

Auch international unterschiedliche rechtliche Vorgangsweisen vereinfachen die Sache nicht: Während in Großbritannien Kunden von E-Brokerage ein unterschriebenes Formular per Post an den Anbieter senden müssen, können US-Bürger vielfältige Transaktionen im Internet vornehmen und müssen sich erst vor der Auszahlung bei ihrer Bank legitimieren.

Ähnlich der Entwicklung in den USA werde eine "Welle" auch nach Europa überschwappen, erwartet Göth: In Amerika verhelfen Anwälte ihren Kunden nach Online-Geschäften massiv zur Durchsetzung ihrer Rechte. Österreich werde diesem Beispiel wohl folgen, zumal hier der Konsumentenschutz stark ausgeprägt sei.