Fälscher lieben Internet
Das stetige Wachstum des Webs spült auch kleine Unternehmen zu Tage, die ihr Brot mit Fälschungen oder Beinahe-Fälschungen von Dokumenten verdienen.
Auf Hunderten von Internetseiten bieten diese Firmen [fast] perfekte Fälschungen aller Art. Zwischen umgerechnet 140 und 2.100 ATS kosten die begehrten Dokumente, die vor allem den US-Behörden zunehmend Sorge bereiten. Die steigende Betrugsgefahr durch gefälschte Papiere aus dem Internet beschäftigt seit kurzem auch den US-Senat.
Es reicht, nach "fake ID" ["gefälschte Papiere"] zu suchen, um eine riesige Auswahl komplexer Sites zu bekommen, auf denen das breite Angebot umfassend dargestellt wird. Alle Produkte - vom Leseausweis für Bibliotheken bis zum Dienstausweis von US-Bundespolizisten - werden im Bild gezeigt. Es reicht, einen Bestellschein auszufüllen und abzuschicken. Kinderleicht. Gezahlt wird Cash oder per Kreditkarte.
"Jeder, der einen Computer und eine Kreditkarte besitzt, kann praktisch sofort eine Sozialversicherungskarte bekommen, die völlig echt aussieht und eine Nummer seiner Wahl trägt", wehklagt der US-Generalinspektor der Sozialversicherung, James Huse, in seinem Bericht an den Senat. Nur an Pässe würden sich die Internetfirmen nicht heranwagen.
Die Unternehmen bewegen sich in einer juristischen Grauzone. Um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, warnen die Firmen auf ihren Sites vor dem Missbrauch ihrer Produkte. Die kalifornische Firma CDS Enterprises lässt den Nutzer im Kleingedruckten wissen: "Wir übernehmen keine Verantwortung für illegale Aktivitäten, die aus der Benutzung der Karten herrühren." Die nachgemachten Karten seien ausschließlich für Spiel und Unterhaltung bestimmt, schreibt die kanadische Gesellschaft PCI Systems. Dennoch betont PCI immer wieder, dass die angebotenen Dokumente kaum von Orginalen zu unterscheiden seien. Für einen Aufschlag von 630 Schilling (45,8 Euro) versieht PCI die gefälschten Karten auch mit einem "authentischen Hologramm".

Manche Karten tragen den Aufdruck "Attrappe" oder "Muster". Aber die Gebrauchsanweisung, um die Aufschrift zum Verschwinden zu bringen, wird mitgeliefert. Meist handelt es sich um einen Aufkleber, der abgezogen werden muss.
Die britische Firma Belvine verschickt ihre Papiere ohne Fotos. Die können im Nachhinein angebracht werden. 23 Karten gibt es zur Auswahl. Per Mausklick kann der Kunde sich als Journalist, Student, UN-Mitarbeiter, Leibwächter oder freiberufliches Model ausgeben, und natürlich gibt es Ausweise aus aller Herren Länder.

Die meisten gefälschten Dokumente werden dazu benutzt, um Bankkonten zu eröffnen, Kredite unter falschem Namen aufzunehmen oder gestohlene Schecks einzulösen, wie der ehemalige New Yorker Polizist und heutige Privatdetektiv, Steve Davis, festgestellt hat. Er berichtet von einem Fall in Kalifornien, bei dem es um Zahlungen von mehreren hunderttausend Dollar per Scheck ging.
Für die "schweren Burschen" unter den Kriminellen und echte Terroristen ist das Internet jedoch nicht das Mittel der Wahl, um an falsche Papiere zu gelangen. Bei ihnen stößt das Medium an seine Grenzen, denn im weltweiten Netz werden Spuren hinterlassen. "Echte Kriminelle benutzen das Internet nie", sagt Detektiv Davis. Das haben sie auch nicht nötig, denn "sie wissen, dass sie sich die Dokumente in der Unterwelt besorgen können."