Buchpreisbindung nützt angeblich Kleinverlagen
Die Verlagsbranche in Deutschland wird nach Ansicht des Berliner Verlegers Klaus Wagenbach gegenwärtig vor allem durch Überproduktion und geringer werdende Umsätze erschüttert. Die großen Verlage seien aber auch Gefangene ihrer eigenen zu hohen Renditeerwartungen geworden.
Wagenbach erinnerte daran, dass die Erstauflagen von Autoren wie Brecht und Kafka bei 800 beziehungsweise 600 Exemplaren gelegen hätten. "Das Neue kommt auf leisen Sohlen. Die Frage ist, ob eine Gesellschaft an neuen Sachen interessiert ist."
Für die kleinen Verlage sieht Wagenbach sogar eine Chance durch die neue Politik der großen Häuser, die keine Bücher unter einer Auflagenerwartung von 6.000 Exemplaren drucken wollten.
Das Unterlaufen der Buchpreisbindung
durch Internet-Unternehmen wie Libro treffe aber letzten Endes auch solche kleineren Verlage wie seinen, meinte Wagenbach. Wenn Libro beispielsweise die Liebesgedichte von Erich Fried für 20 Mark statt zum vollen Ladenpreis von 28 Mark verkauft, dann werde diesen Buchhändlern das Geschäft genommen. "Das sind Buchhändler, die unsere gesamten 200 lieferbaren Titel führen. Die müssten sich dann immer stärker auf die gängigen Bestseller-Titel konzentrieren und würden sich dann eher von unseren Titeln trennen."
Wagenbach leitet seinen kleinen Verlag schon seit den 60er Jahren. "Ein Verlag kann nur wirklich frei sein, wenn er sich nicht den industriellen Profitorientierungen mit zwölf bis 15 Prozent Rendite unterwirft, sondern sich mit zwei bis drei Prozent zufrieden gibt."

Banalisierungsschub durch Internet
Wagenbach sieht zwar einen "seit Jahren anhaltenden Banalisierungsschub" auch in der Buchbranche. Sie verliere zurzeit vor allem die unter 25-jährigen Leser an die Internetwelt.
Er sei da aber langfristig optimistisch. "Es kann nicht lange dauern, bis die Intelligentesten unter ihnen erschöpft und gelangweilt aus ihren Chat-Rooms wanken. Ob man intelligente Menschen über eine sehr lange Zeit mit sinnlosen Informationen füttern und zuschütten kann, wollen wir mal abwarten. Ganz abgesehen davon, dass ein so altes Medium wie das Buch, neudeutsch auch Kommunikationstools genannt, auch etwas Sinnliches, ja beinahe Erotisches hat."
