04.07.2000

HINTERGRUND

Bildquelle: FuZo

Lauschangriff und Recht und Hilfe

Ganz offensichtlich haben die am EU-Rechtshilfe-Übereinkommen beteiligten Juristen auf die Kritik seitens des EU-Parlaments und der Medien am Artikel 18, der die "Überwachung des Telekommunikationsverkehrs ohne technische Hilfe eines anderen Mitgliedsstaats" regelt, reagiert.

In der am 29. Mai beschlossenen, aber noch nicht veröffentlichten Endfassung des Dokuments - der FutureZone liegen Auszüge vor - ist Artikel 18 zu Artikel 20 geworden, während der Inhalt nahezu identisch geblieben ist.

Der im EU-Parlament mehrheitlich abgelehnte, nunmehrige Artikel 20 behandelt den Abhörmodus in einem mittlerweile alltäglichen Fall.

Binnen 96 Stunden muss dann in Österreich entschieden werden, ob dies nach österreichischem Recht zulässig ist, bei Ablehnung oder Nicht-Entscheidung in dieser Frist dürfen die Deutschen "das bereits gesammelte Material nicht verwenden".

Es sei denn: "Die betreffenden Mitgliederstaaten haben etwas anderes vereinbart."

Und: Die 96-Stunden-Frist kann in beiderseitigem Einverständnis um bis zu eine Woche verlängert werden [Artikel 20, Absatz 4/iv].

Die neuen Artikel

Um die Begehrlichkeiten der Dienste dadurch nicht völlig ausufern zu lassen, haben die am Vertragswerk beteiligten Juristen zwei vollkommen neue Artikel eingeschoben.

Artikel 17 definiert die "zuständigen Behörden" in erster Linie als "Justizbehörden", die zum Zweck "strafrechtlicher Ermittlungen" tätig sind, und nicht mehr als "law enforcement" - ein Begriff, der vor allem im angelsächsischen Sprachraum auch Geheimdienste inkludiert.

Allerdings: "Sofern die Justizbehörden keine Zuständigkeit" haben, muss "eine entsprechende zuständige Behörde" benannt werden, die zum "Zweck strafrechtlicher Ermittlung tätig wird."

Um den Besitzer eines österreichisches Handys, der sich in Deutschland aufhält, vollständig zu überwachen, müsste ein entsprechend dokumentiertes Ersuchen an die österreichischen Behörden gerichtet werden, die den zu überwachenden Datenverkehr am Roaming-Gateway dann an die deutschen Behörden in Echtzeit weiterleiten.

Müsste - denn was sich in diesem Graubereich zwischen digitaler Telekom-Technik, Polizei-, Justiz- und Geheimdienststellen tatsächlich abspielt, lässt sich kaum voraussagen.