Freies MP3-Musikformat kommt
Eine Gruppe von Open-Source-Programmierern arbeitet an einem neuen Musik-Format, das frei und ohne Lizenzgebühren benutzbar und dem MP3-Standard in der Qualität ebenbürtig bis überlegen sein soll.
Das Projekt mit dem Namen "Vorbis" wird von Programmierern des Online-Musikunternehmens iCAST betrieben. Eine fertige Beta-Version soll noch diese Woche auf einer Konferenz von MP3.com vorgestellt werden.
Initiiert von Christopher Montgomery haben bereits vor einigen Jahren die Vorarbeiten zu Vorbis begonnen. Erst vor kurzem wurde das Team um Montgomery von iCAST angeheuert, um Vorbis fertig zu stellen.

Hohe MP3-Lizenzgebühren als Auslöser
Auslöser sind die mittlerweile beachtlichen Lizenzgebühren für die Verwendung des populären MP3-Standards. Schon nächstes Jahr sollen auch Webcaster, die über das Internet Netzradio anbieten, für die Verwendung des MP3-Formats zur Kasse gebeten werden.
"Die Leute glauben, MP3 sei frei. Doch das ist ein Irrtum.", sagt Jack Moffitt, 22-jähriger Präsident von iCAST, der das Projekt koordiniert.
Direkten Gewinn wollen CMGI und iCAST aus der Entwicklung von Vorbis nicht ziehen. Der Open-Source-Ansatz macht sich für iCAST bereits dann bezahlt, wenn das Unternehmen seine Web-Radio-Dienste von MP3 auf Vorbis-Format umstellen kann und sich damit die teuren MP3-Lizenzgebühren erspart.
So viel kostet MP3
Die meisten Patente am MP3-Verfahren hält das deutsche
Fraunhofer-Institut. Die Rechte daran werden von Thomson Multimedia
vermarktet. MP3-Musikunternehmen müssen danach ein Prozent des
Preises für einen MP3-Download abführen, zumindest aber 15.000
Dollar. Für MP3-Hardware fallen 50 Cents pro Geräte-Einheit an,
ebenso 15.000 Dollar Minimum. Für jeden MP3-Encoder zur Herstellung
von MP3-Dateien gehen fünf Dollar an Thomson Multimedia. Womit
Unternehmen wie MusicMatch für ihre freien, MP3-basierenden
"CD-Ripper", die es Usern erlauben, ihre CDs ins digitale MP3-Format
zu konvertieren, kräftig drauflegen müssen.

Freie Encoder wie "LAME"
hingegen existieren in einer juristischen Grauzone. Ab 2001 will
Thomson im Auftrag von Fraunhofer auch Webcaster mit Gebühren
belegen.

Plug-ins für gängige MP3-Player
Soll Vorbis Erfolg haben, benötigt es auch Akzeptanz und Unterstützung von Unternehmen wie Verbrauchern. Die Vorarbeiten dafür laufen bereits auf Hochtouren: Plug-ins für die populärsten MP3-Player wie Winamp, Freeamp und Sonique sind bereits fertig gestellt.
iCAST wird zu den Ersten gehören, die die neue Technologie einsetzen. Auch andere Online-Musikunternehmen zeigen sich interessiert: Lycos, Eigentümer von Sonique, findet das Vorbis-Plug-in überaus gelungen.
Und Keith Crosley von WiredPlanet.com meint: "Jeder in der Online-Musikszene wird diese Open-Source-Bemühungen mit großer Aufmerksamkeit verfolgen."
Jack Moffit von iCAST
ist auch Autor von Icecast, einer Software, die die Übertragung
von MP3-Streams ähnlich Nullsofts Shoutcast erlaubt. Doch Shoutcast
ist mittlerweile in den Besitz von AOL übergegangen. Moffit stieß
mit der Übernahme des Netzradios "Green Witch" zu iCAST.
