06.06.2000

LIFT OFF

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eBook feiert Europa-Premiere

Als erstes elektronisches Lesegerät kommt in dieser Woche das "Rocket eBook" der

kalifornischen Firma NuvoMedia auf den deutschsprachigen Markt.

Mit dem tragbaren Rocket eBook können digitale Bücher und Magazine aus dem Internet geladen werden. Zu den neuen Möglichkeiten des Lesens mit dem Rocket eBook gehören: Lesezeichen setzen, Textstellen suchen, Unterstreichungen sowie ein Wörterbuch mit Pop-Up-Funktion.

Bücher von Kafka bis Gummibärli

Mit dem eBook von Rocket mitgeliefert werden drei Titel: ein "PONS Kompaktwörterbuch Englisch", "Die deutsche Rechtschreibung" aus dem Hause Bertelsmann und "Die Verwandlung" von Franz Kafka.

Zusätzlich kann im Internet aus einer umfangreichen Bibliothek an eBooks gewählt werden. Derzeit sind 1.800 kommerzielle und 1.200 freie Titel, zumeist in englischer Sprache, erhältlich.

Im deutschsprachigen Raum liefern derzeit über 50 Verlage exklusiv den digitalen Lesestoff für das Rocket eBook. Das Angebot umfaßt dabei so diverse Titel wie Frank McCourts "Die Asche meiner Mutter", Jörg Schiebs "Windows 98-Tricks" oder "Das Gummibärchen-Orakel".

Die Bestellung der Titel erfolgt online, die Inhalte der eBooks werden übers Netz heruntergeladen.

Tauschen streng verboten

Die Buchdatei wird verschlüsselt aus dem Internet heruntergeladen und erst nach Eingabe eines Passworts im eBook frei gegeben. Dort ist es dann gefangen und kann nicht auf den PC kopiert werden. Auch ein Ausleihen an andere eBook-Nutzer ist nicht möglich

Das elektronische Buch kostet bizarrerweise genauso viel wie die gedruckte Ausgabe. Ein Zusammenhang mit der Buchpreisbindung darf vermutet werden.

Selbst wenn zu einem Werk bereits ein preiswerteres Taschenbuch vorliegt wie bei Tim Coles "Erfolgsfaktor Internet", muss man für die elektronische "Rocket Edition" den Preis der Originalausgabe zahlen.

Verlage fürchten MP3

In den USA blieb der Verkaufserfolg im ersten Jahr nach der Markteinführung zunächst hinter den Erwartungen zurück. Erst seit wenigen Wochen setzen die Verlagshäuser in den USA vermehrt auf das eBook. Die am Sonntag zu Ende gegangene "BookExpo America", die neben Frankfurt größte Buchmesse der Welt , stand etwa ganz im Zeichen der eBooks.

Dan O'Brien vom Marktforschungsinstitut Forrester Research vermutet, dass dahinter die Angst vor einer Entwicklung wie in der Musikindustrie steht, wo das frei kopierbare MP3-Format im vergangenen Jahr eine kaum noch überschaubare Verbreitung von Raubkopien ausgelöst hat.

O'Brien: "Die Bücherbranche schaut voller Entsetzen zu, was in der Musikindustrie geschieht. Und sie trifft frühzeitig Vorkehrungen, dass es ihr nicht genauso geht."

Keine großen Erwartungen

Viele Marktbeobachter bezweifeln, ob ein dicker Roman wirklich als eBook gelesen wird.

Die Zukunft des eBooks wird von ihnen nicht in der Belletristik, sondern in der wissenschaftlichen Fachliteratur sowie in Zeitungen und Zeitschriften gesehen.

Schon jetzt findet man die interessantesten Inhalte für eBook-Reader am virtuellen Zeitungsstand. Dort gibt es unter anderem die "New York Times", das Finanzmagazin "Bloomberg" und, sogar kostenlos, die deutsche Ausgabe der "Financial Times" für das Rocket eBook.