eBook feiert Europa-Premiere
Als erstes elektronisches Lesegerät kommt in dieser Woche das "Rocket eBook" der
kalifornischen Firma NuvoMedia auf den deutschsprachigen Markt.
Mit dem tragbaren Rocket eBook können digitale Bücher und Magazine aus dem Internet geladen werden. Zu den neuen Möglichkeiten des Lesens mit dem Rocket eBook gehören: Lesezeichen setzen, Textstellen suchen, Unterstreichungen sowie ein Wörterbuch mit Pop-Up-Funktion.
Technische Daten zum Rocket eBook
Das Rocket eBook verfügt über ein kontrastreiches Display im
Notizbuch-Format (11,4 mal 7,6 Zentimeter) und kann selbst aus
schrägem Einblickwinkel gut gelesen werden. Je nach Lesesituation
und Text können die Seiten waagrecht wie senkrecht dargestellt
werden. Geblättert wird mit Knopfdruck, dabei kann das Gerät mit
einer Hand gehalten werden. Für den Wechsel der Schriftart und
andere Aktionen kommt ein Stift zum Einsatz, mit dem die gewünschte
Darstellung auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm ausgewählt
wird. 16 MB Hauptspeicher erlauben die Speicherung von bis zu 45
Bücher oder 18.000 Seiten auf einmal. Außerdem gibt es die
Möglichkeit, eine zusätzliche Karte mit 32 MB einbauen zu lassen.
Eine Batterieladung reicht für etwa 20 Stunden Lesevergnügen mit
Hintergrundbeleuchtung. Bei ausgeschaltetem Licht verdoppelt sich
die Betriebszeit, gelesen werden kann dann aber nur bei hellem
Tageslicht. Nach etwa fünf Jahren muss der Akku ausgetauscht werden.
Der Preis für das Gerät liegt bei DM 675 [345 Euro].

Bücher von Kafka bis Gummibärli
Mit dem eBook von Rocket mitgeliefert werden drei Titel: ein "PONS Kompaktwörterbuch Englisch", "Die deutsche Rechtschreibung" aus dem Hause Bertelsmann und "Die Verwandlung" von Franz Kafka.
Zusätzlich kann im Internet aus einer umfangreichen Bibliothek an eBooks gewählt werden. Derzeit sind 1.800 kommerzielle und 1.200 freie Titel, zumeist in englischer Sprache, erhältlich.
Im deutschsprachigen Raum liefern derzeit über 50 Verlage exklusiv den digitalen Lesestoff für das Rocket eBook. Das Angebot umfaßt dabei so diverse Titel wie Frank McCourts "Die Asche meiner Mutter", Jörg Schiebs "Windows 98-Tricks" oder "Das Gummibärchen-Orakel".
Die Bestellung der Titel erfolgt online, die Inhalte der eBooks werden übers Netz heruntergeladen.
Bestellen bei BOL und DiBi
Das Rocket eBook und die elektronischen Bücher können über Dibi
und den Bertelsmann Online-Buchhandel BOL bestellt werden, der mit
NuvoMedia die Markteinführung des Rocket eBook betreibt.


Tauschen streng verboten
Die Buchdatei wird verschlüsselt aus dem Internet heruntergeladen und erst nach Eingabe eines Passworts im eBook frei gegeben. Dort ist es dann gefangen und kann nicht auf den PC kopiert werden. Auch ein Ausleihen an andere eBook-Nutzer ist nicht möglich
Das elektronische Buch kostet bizarrerweise genauso viel wie die gedruckte Ausgabe. Ein Zusammenhang mit der Buchpreisbindung darf vermutet werden.
Selbst wenn zu einem Werk bereits ein preiswerteres Taschenbuch vorliegt wie bei Tim Coles "Erfolgsfaktor Internet", muss man für die elektronische "Rocket Edition" den Preis der Originalausgabe zahlen.
Open Book-Format
Damit die Buchverlage ihre Werke nicht für jeden Hersteller in
einer anderen Version vorlegen müssen, haben sich interessierte
Unternehmen wie Microsoft, IBM, Adobe und NuvoMedia in einem
Standardisierungsforum zusammengeschlossen und im September
vergangenen Jahres den Open-eBook-Standard OEB 1.0 verabschiedet.
Dieser beruht auf den Internet-Standards HTML und XML. Texte im
OEB-Format können von verschiedenen Geräten wie dem Rocket eBook
gelesen werden. Für das Betriebssystem Windows gibt es den Microsoft
Reader, mit dem OEB-Dokumente sowohl auf dem PC als auch auf dem
kleinen Pocket PC gelesen werden können. Um das freie Kopieren von
Büchern und damit mögliche Urheberrechtsverletzungen zu verhindern,
können OEB-Texte verschlüsselt werden.

Verlage fürchten MP3
In den USA blieb der Verkaufserfolg im ersten Jahr nach der Markteinführung zunächst hinter den Erwartungen zurück. Erst seit wenigen Wochen setzen die Verlagshäuser in den USA vermehrt auf das eBook. Die am Sonntag zu Ende gegangene "BookExpo America", die neben Frankfurt größte Buchmesse der Welt , stand etwa ganz im Zeichen der eBooks.
Dan O'Brien vom Marktforschungsinstitut Forrester Research vermutet, dass dahinter die Angst vor einer Entwicklung wie in der Musikindustrie steht, wo das frei kopierbare MP3-Format im vergangenen Jahr eine kaum noch überschaubare Verbreitung von Raubkopien ausgelöst hat.
O'Brien: "Die Bücherbranche schaut voller Entsetzen zu, was in der Musikindustrie geschieht. Und sie trifft frühzeitig Vorkehrungen, dass es ihr nicht genauso geht."
Horror & Hacking
Dass es auch bei eBooks keine absolut sichere Verschlüsselung
geben kann, zeigte sich eindrucksvoll bei der Kurzgeschichte "Riding
the Bullet" von Bestsellerautor Stephen King, das mit einer halben
Million Downloads das am meisten verbreitete digitale Buch ist. Der
Code für das verschlüsselte eBook wurde innerhalb kürzester Zeit von
Hackern geknackt. Während "Riding the Bullet" beim Verlag Simon and
Schuster 2,50 Dollar [2,66 Euro] kostet, wird es an anderen Stellen
im Netz frei verteilt.

Keine großen Erwartungen
Viele Marktbeobachter bezweifeln, ob ein dicker Roman wirklich als eBook gelesen wird.
Die Zukunft des eBooks wird von ihnen nicht in der Belletristik, sondern in der wissenschaftlichen Fachliteratur sowie in Zeitungen und Zeitschriften gesehen.
Schon jetzt findet man die interessantesten Inhalte für eBook-Reader am virtuellen Zeitungsstand. Dort gibt es unter anderem die "New York Times", das Finanzmagazin "Bloomberg" und, sogar kostenlos, die deutsche Ausgabe der "Financial Times" für das Rocket eBook.