Internet dominiert Buchmesse in Chicago
Diese Woche öffnet in Chicago die "BookExpo America" ihre Tore. Mehr als 2.000 Aussteller werden von Mittwoch bis Sonntag auf dieser größten Fachmesse des größten Buchmarktes der Welt ihr Angebot präsentieren.
In Anbetracht der durch die Digitalisierung und das Internet eingeleiteten Umwälzungen wird die Buchmesse den Verlagen heuer primär zur Standortbestimmung und Selbstfindung dienen.
Dazu wird es im "McCormick Place Convention Center" ein Rahmenprogramm mit Seminaren und Vorträgen geben.
BookExpo America, 31. Mai bis 4. Juni
Vor allem das Internet schafft völlig neue Rahmenbedingungen für
die Branche: Es ermöglicht neue Formen des Dialogs mit dem Publikum
und vereinfacht die Vergabe von Lizenzen und Übersetzungsrechten. Zu
den Ausstellern gehören heuer erstmals auch mehrere Dutzend
Internet- und Software-Unternehmen, darunter Adobe, Microsoft,
Amazon.com und Xerox. Bei den Seminaren werden unter anderem
erörtert: Books-on-Demand, die Digitalisierung im Druckprozess,
Digital Rights Management und der Vertrieb von E-Books. Mit
besonderem Interesse wird der Vortrag von Amazon-Gründer Jeff Bezos
erwartet, der für Donnerstag anberaumt ist.

Time Warner und Microsoft setzen auf E-Books
Die Buchmesse wird von der Entscheidung des Medienkonzerns Time Warner überschattet, der in der Vorwoche bekannt gegeben hat, eine eigenständige Verlagstochter für elektronische Publikationen namens "ipublish" zu gründen.
Wie ein traditionelles Verlagshaus kann ipublish.com die Rechte an einem Manuskript erwerben und Neuauflagen von Büchern online veröffentlichen.
Auch Microsoft ist eine strategische E-Book-Allianz mit dem Buchhändler Barnes & Noble und den Verlagen Random House und Simon & Schuster eingegangen. Dabei sollen Buchinhalte mit MS-Software für Handhelds aufbereitet werden.
Personal Digital Assistants {PDA] sind derzeit das bevorzugte Trägermedium für E-Books. Sieben Millionen Palm Pilots wurden bisher auf dem Weltmarkt verkauft. Hinzu kommen weitere sieben Millionen ältere Geräte von 3Com. Die dazugehörige Software zum Lesen von E-Books ist meist einfach und gratis übers Netz zu beziehen.

E-Books als Chance für kleinere Verlage
Der E-Book-Markt eröffnet auch Chancen für kleinere Verlage: Peanut Press etwa konnte durch geschickte Kooperation mit über zwei Dutzend Großverlagen eine marktbeherrschende Stellung erringen.
Der Verlag bietet derzeit 1.000 copyrightgeschützte und kostenpflichtige Titel für PDAs an und gibt an, gegenwärtig mit 25.000 Kunden zwischen 70 und 75 Prozent des einschlägigen Marktes zu kontrollieren.

Neue und altbewährte Inhalte
Zu den kleineren Verlagen, die sich in Chicago vorstellen, gehört der Londoner Verlag "Online Originals", der nicht ausschließlich auf PDAs setzt. Der Verlag ist auf die Publikation von bisher unveröffentlichten Inhalten spezialisiert und konnte vor zwei Jahren einen Achtungserfolg erzielen, als eines seiner E-Books für den renommierten britischen "Booker Prize" nominiert wurde.
Eine ganz andere Veröffentlichungsstrategie verfolgt der amerikanische Kleinverlag "Memoware". Auf seiner Site finden sich ausnahmslos Titel, deren Copyright abgelaufen ist. 4.500 Titel sind dort frei downloadbar. Zwischen 300.000 und 400.000 besuchen die Site pro Monat. Insgesamt konnten bisher fünf Millionen Downloads verbucht werden.
Die beliebtesten Titel auf "Memoware": Sun Tzus "The Art of War" und das "Kamasutra".
