24.05.2000

GAME OVER

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Internet-Spielwarenhandel in der Krise

Schwere Zeiten für E-Commerce-Unternehmen: Nach dem spektakulären Scheitern des Sportbekleidungs-Retailers Boo.com in der Vorwoche versetzt nun der Crash des amerikanischen Spielwarenhändlers Toysmart.com die Branche in Aufregung.

Die Entscheidung, den Betrieb umgehend einzustellen und die 170 Mitarbeiter zu entlassen, fiel Ende letzter Woche bei einer Toysmart-Vorstandssitzung und wurde erst jetzt bekannt gegeben.

Die Entscheidung erfolgte auf Betreiben der Disney Corporation, die seit August letzten Jahres Haupteigentümer von Toysmart ist.

Disney soll seit der Übernahme einen kolportierten Betrag von 40 bis 50 Millionen Dollar investiert haben, ohne das defizitäre Online-Unternehmen auf Gewinn-Kurs zu bekommen.

Kein leichtes Spiel

Das Aus für Toysmart ist die dritte Hiobsbotschaft für die krisengeschüttelten Online-Spielwarenhändler seit Monatsbeginn. Anfang Mai mußte der E-tailer RedRocket.com Konkurs anmelden, vor zwei Wochen gab KBkids.com bekannt, ein Drittel der Belegschaft abzubauen und seinen Börsengang zu verschieben.

Auch die meisten anderen Unternehmen in diesem Marktsegment sind akut vom wirtschaftlichen Scheitern bedroht. Besonders dramatisch ist die Situation für eToys: Der Aktienwert des Unternehmens ist seit letzten Oktober von 86 Dollar auf derzeit knapp 5 Dollar abgestürzt.

Von der Krise betroffen ist auch SmarterKids.com, ein direkter Marktkonkurrent von Toysmart im Bereich anspruchsvoller und lernpädagogischer Spiele. Nach dem Börsengang im letzten Herbst stieg der Kurs der SmarterKids-Aktie nur kurzfristig über den Ausgabewert von 14 Dollar, derzeit dümpelt die Aktie bei 2 Dollar.

Start-Up-Unternehmen überbewertet

Analysten nennen eine Reihe von Gründen für die Krise im Online-Spielwarenhandel: die geringen Gewinnspannen, die starke Saisonabhängigkeit im Verkauf und die starke Konkurrenz, die zu erheblichen Preisnachlässen zwinge.

Als weiterer Grund wird nicht zuletzt die anhaltende Flaute an den Börsen genannt, die eine größere Vorsicht von Investoren gegenüber E-Commerce-Unternehmen nach sich ziehen würde.

Marktbeobachter weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es die Spielwaren-Branche mit ihren Internet-Aktivitäten besonders toll getrieben hätte und Start-Up-Unternehmen in diesem Bereich in besonderem Maße überbewertet gewesen wären.

Neue Spielregeln im E-Commerce

Generell zeichnen sich neue Rahmenbedingungen und Spielregeln für E-Commerce-Unternehmen ab. Investoren geben sich nicht mehr mit momentan hohen Zugriffsraten und langfristigen Gewinnperspektiven zufrieden. Vor allem finanzkräftige Investoren ziehen in Anbetracht ständig steigender Verluste immer häufiger die Notbremse.