22.05.2000

ZU VIEL HI-TECH

Bildquelle: AP

Immer mehr Computerpannen an der Nasdaq

Die Nasdaq führt zwar die Aktien der weltgrößten Technologieunternehmen, doch ihr eigenes Computernetzwerk beschert immer öfter Schwierigkeiten.

Obwohl Heerscharen von Experten daran arbeiten und Unsummen in das hauseigene Rechenzentrum investiert werden, stößt das System angesichts der wachsenden Ansprüche der rund 70 Millionen Investoren immer öfter an seine Grenzen.

Umstellung muss erneut verschoben werden

Nun musste die Nasdaq der Aufsichtsbehörde mitteilen, dass sie nicht in der Lage ist, die Umstellung von Bruchangaben auf Dezimalschreibweise zeitgerecht bis 3. Juli durchzuführen.

Investoren würden sich durch die Reform Millionen ersparen, weil die Spanne der Zwischenhändler nicht mehr automatisch auf das nächste Sechzehntel aufgerundet würde.

Ursprünglich war die Umstellung für September 1998 vorgeschrieben. Doch unter Hinweis auf mögliche Y2K-Risiken wurde die Frist verlängert.

Allen technischen Schwierigkeiten zum Trotz wurden in den vergangenen Jahren Unsummen in Promotion und Marketing investiert. Eine Strategie, die zur Warnung der Aufsichtsorgane führte, der Marketingaufwand solle nicht auf Kosten unverzichtbarer Modernisierungen der Infrastruktur gehen.

Im März wurden 1,9 Milliarden Aktien-Transaktionen durchgeführt, im Vergleich zu 940 Millionen im Vergleichsmonat des Vorjahres.

Opfer des eigenen Erfolgs

In gewisser Weise wird die Nasdaq zum Opfer ihres eigenen Erfolgs. 1999 fanden nicht weniger als 485 Neuemissionen statt. Auch das Abwandern von Microsoft und Intel zur renommierteren NYSE [New York Stock Exchange] konnte erfolgreich verhindert werden.

Das hat zwar Mehreinnahmen durch Wertpapierhandel und Manipulationsgebühren gebracht, andererseits das Rechenzentrum unter gewaltigen Druck gesetzt.

Die Folge sind "Geisterangebote", Angebote, die zwar am Terminal angezeigt werden, in Wirklichkeit jedoch gar nicht mehr existieren. Die Zahlen sind lediglich auf Grund von Systemüberlastung nicht aktualisiert.

Am schlimmsten war der 4. April. An diesem Tag produzierte das Computersystem einige Minuten lang doppelte Einträge für vollzogene Abschlüsse.

Da nicht festzustellen war, welcher Abschluss echt und welcher auf einen Computerfehler zurückzuführen war, mussten alle Aufträge in diesem Zeitraum storniert werden. Millionenverluste waren die Folge.