UMTS krempelt EU-Telekommarkt um
Die anstehenden Versteigerungen von UMTS-Lizenzen in Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern werden nach Ansicht von Experten die europäische Landschaft der Telekomanbieter nachhaltig verändern.
Zum einen steigt durch die erwarteten Rekordsummen von mehreren Milliarden Euro für einzelne Lizenzen der Fusionsdruck, zum anderen können Fehlentscheidungen sowohl bei der Teilnahme an den Versteigerungen wie auch beim Fernbleiben über das Schicksal von Unternehmen entscheiden.
Die Versteigerungen der UMTS-Lizenzen in Großbritannien erbrachten eine

Gerichts-Marathon
Neben Fusionen und Allianzen wird auch eine Prozesslawine nach den einzelnen Versteigerungen erwartet. In Großbritannien klagen schon jetzt Verlierer im Rennen um die begehrten Lizenzen, weil Vodafone angeblich besonders günstige Zahlungsbedienungen erhalten hat.
Ein ganz anderes Klage-Kaliber wird allerdings von Branchenkennern auf der europäischen Ebene erwartet: Da einzelne Länder wie Frankreich die Lizenzen nicht versteigern, sondern "nur" für 15 Jahre verpachten wollen, könnte eine wettbewerbsverzerrende Situation in der EU entstehen.
Günstigere Staaten
Unternehmen, die in Ländern mit einem "preiswerten" Verfahren zum
Zuge kommen, könnten demnach mehr Mittel in den Ausbau ihrer
Infrastruktur investieren oder den vergleichweise günstigen Preis
für ihre Lizenz an die Verbraucher weitergeben und so einen Vorteil
erhalten.

Bieter abgeschreckt
Bereits vor ihrem Beginn hat die im Sommer geplante Versteigerung in Deutschland die ersten Bieter abgeschreckt.
Der französische Mischkonzern Vivendi will sich aus dem Bieterverfahren für eine der sechs Lizenzen zurückziehen, da das Verfahren wegen der hohen Kosten für den Aufbau eines eigenen Netzwerkes neue Teilnehmer seiner Ansicht nach benachteiligt.
Die Mobilfunktochter der italienischen Telefongesellschaft Telecom Italia, Telecom Italia Mobile, will sich ebenfalls nicht an der Auktion beteiligen.
"Wir werden nicht in Deutschland mitbieten", sagte der Geschäftsführer von Telecom Italia Mobile, Mario Sentinelli. Vielmehr werde sich die Gruppe auf die Ausweitung ihrer Aktivitäten auf den zentralen Märkten Südeuropas und Lateinamerikas konzentrieren.

Fusionsdruck
Neben den Handybetreibern Deutsche Telekom, Mannesmann Mobilfunk, E-Plus und Viag Interkom wollen WorldCom, Debitel, MobilCom, Talkline, Nets AG, das aus Sonera, Orange und Telefonica bestehende Konsortium "3 G" sowie die Auditorium Investments Germany, hinter der Hutchison Whampoa steht, an der Auktion teilnehmen.
"Es ist vorstellbar, dass sich innerhalb der elf Bieter neue Allianzen bilden, um die auch finanziellen Risiken aufzuteilen", sagt Telekomanalyst Frank Wellendorf von WestLB Panmure in Düsseldorf.
"Die Beträge, um die es geht, sind derart hoch, dass man über Möglichkeiten nachdenken muss, die Kosten zu teilen", bestätigt Michael Schatzschneider von der Frankfurter BHF-Bank die Einschätzung seines Kollegen. "Das geht nur mit Kostensynergien durch Fusionen. Es ist doch klar, dass diese hohen Summen den Fusionsdruck erhöhen", sagt Schatzschneider.
Netzbesitzer und -mieter
Für Ralf Hallmann von der Bankgesellschaft Berlin kommen auch andere Modelle in Frage: "Die Betreiber, die bei der Auktion nicht zum Zuge kommen, könnten den erfolgreichen Lizenzinhabern Gesprächsminuten abkaufen und quasi als virtueller Netzwerkbetreiber auftreten", so Hallmann.
Kapazitätsprobleme sieht Hallmann nicht, sodass auch jene Unternehmen, die bei der Versteigerung leer ausgehen, unter ihrem Namen UMTS-Dienste anbieten könnten. "Das macht Orange auch. Die sind in 50 Ländern weltweit präsent, ohne überall ein eigenes Netz zu haben", sagt Hallmann.
Außerdem hätten die Betreiber so die Chance, die enormen Lizenzkosten teilweise zu
refinanzieren. Ob im Endeffekt die Netzbesitzer oder die -mieter auf die richtige Strategie gesetzt haben, wird sich allerdings erst in drei bis fünf Jahren herausstellen.