12.04.2000

HARTNÄCKIG

Bildquelle: takara

Etappensieg gegen Musikpiraterie

Die Musikindustrie kämpft weiter gegen die Folgen der Digitalisierung: durch Klagen gegen Netz-Infrastuktur-Betreiber, immer neue Kopierschutz-Verfahren und Pläne, das Netz flächendeckend zu filtern.

"Wir hoffen auf ein Eindämmen der illegalen CD-Brennerei, denn die Lage für Tonträgerhändler ist dramatisch", sagte der Geschäftsführer des Deutschen Musikverleger-Verbandes und des Gesamtverbandes Deutscher Musikfachgeschäfte, Heinz Stroh, heute zum Start der Musikmesse in Frankfurt.

Der Rückgang im Geschäft mit CDs sei beträchtlich. Die Branche schätzt den Umsatzverlust durch Musik-Piraterie für das Jahr 1999 auf etwa 120 Millionen Euro.

Einen vorläufigen Sieg erzielte die Musikindustrie mit dem heutigen Urteil gegen AOL: Das Unternehmen muss demnach wegen der Verbreitung raubkopierter Musikdateien Schadenersatz leisten.

Die durch Urheberrechte geschützten Dateien - darunter der Titel "Get down" von den Backstreet Boys - stammten aus einem AOL-Musik-Forum.

Die Richter des Landgerichts München gaben mit ihrer Entscheidung der Klage der Hit Bit Software GmbH statt, die unter anderem mit Musikdateien handelt. Über die Höhe des Schadenersatzes ist noch nicht entschieden.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass AOL die - auf seinen Rechner gespeicherten - Musikstücke trotz der Prüfung durch eigene Mitarbeiter zum Download freigegeben hatte. Die Copyright-Vermerke hätten aber "mit zumutbarem Aufwand" von AOL entdeckt werden können.

AOL-Sprecher Frank Sarfeld bestätigte heute den Vorgang, ohne das Urteil zu kennen. In dem Musik-Forum hätten sich 1998 tatsächlich mehrere Musik-Dateien befunden, für die Hit Bit Software vor Gericht Urheberrechte geltend gemacht habe.

"AOL hat, nachdem uns mitgeteilt wurde, dass auf unseren Computer Daten eingestellt wurden, die das Urheberrecht verletzen, die fraglichen Dateien sofort gelöscht", sagte Sarfeld. Damit habe man dem Teledienstgesetz Rechnung getragen, erklärte Sarfeld.

Nach Auffassung des Gerichtes liegt hingegen bereits ein Verstoß gegen das Gesetz vor, wenn dem Internet-Provider der Name des Titels in seinem Angebot bekannt ist.

Sarfeld kritisierte, dass die Musikindustrie nicht in der Lage sei, für einen ausreichenden Kopierschutz ihrer Ware zu sorgen. Daher solle das durch die weit verbreiteten Raubkopien entstandene Problem jetzt auf die Internet-Provider abgeschoben werden. Das fragliche Forum sei bei AOL weiterhin aktiv.

Der Bundesverband der Phonographischen Industrie [IFPI] begrüßte das Urteil. "Damit wurde deutlich gemacht, dass im Netz nicht andere Regeln gelten als außerhalb", sagte Geschäftsführer Martin Schaefer.

"Bei geschützten Inhalten hat der Anbieter eine Sorgfaltspflicht und ist schadenersatzpflichtig, wenn er sie verletzt." Schaefer zufolge wurden nach Hinweisen der Phonoverbände auf illegale Musikangebote bereits 800 deutsche Websites geschlossen.

Ergänzend zu dieser Detektivarbeit verfolgt IFPI-Deutschland weiter ihren Plan, das Netz zu filtern und so Sites mit illegalen Files zu sperren. Die Kosten sollen dabei die Provider bezahlen [rund 25.000 Euro je Provider].

Das aktuelle Urteil dürfte die Musik-Lobbyisten in ihren Plänen bestätigen, auch wenn die letzte Sotfware-Generation für den Austausch von Musikfiles [wie Gnutella] die geplanten Filter unterläuft.