Internet-News kosten Zeitungen Leser
Nachrichten im Internet machen den gedruckten Tageszeitungen zunehmend Leser abspenstig.
Das ist das Ergebnis einer Studie, die am Freitag im wissenschaftlichen Journal "Medien- und Kommunikationswissenschaft" veröffentlicht wird.
Erstmals sei es gelungen, eine Nutzungsverschiebung zwischen Print und Online empirisch nachzuweisen, teilten die Autoren Castulus Kolo [München] und Robin Meyer-Lucht [Berlin] am Mittwoch mit.
Der Sozial- und Naturwissenschaftler Kolo betreibt in München die Unternehmensberatung future directions GmbH, der Medienwissenschaftler Meyer-Lucht in Berlin das medienstrategische Berlin Institute.
Für ihre Analyse stützten sich die Autoren auf die Mediennutzungsstudien Allensbacher Werbeträger-Analyse [AWA] und Allensbacher Computer- und Technik- Analyse [ACTA].
"Erosion der Intensivleserschaft"
Das Internet bewirke eine schleichende "Erosion der Intensivleserschaft" der Tagespresse, stellen die Autoren in ihrer Untersuchung mit dem gleichnamigen Titel fest. Sie nahmen die Nutzung von Nachrichtensites, die zum großen Teil von Zeitungsverlagen ins Internet gestellt werden, und gedruckten Zeitungen im Zeitraum 2001 bis 2006 unter die Lupe.
Dabei ergab sich, dass Tageszeitungen genau dort besonders viele treue Leser verlieren, wo eine starke Hinwendung zum Internet als Nachrichtenmedium zu beobachten ist: "Je stärker die Nutzungszunahme von Online-Nachrichten in einer Altersgruppe, desto gravierender sind zugleich auch die Einbußen der Tageszeitungen."
Junge Erwachsene wandern ab
Besonders stark betroffen sind die Altersgruppen der 25- bis 34-Jährigen und der 35- bis 44-Jährigen. Bei ihnen ist der Anteil der regelmäßigen Leser von Abonnement-Tageszeitungen von 2001 bis 2006 von 50,5 auf 37,4 und von 64,8 auf 54,2 Prozent zurückgegangen.
Im selben Zeitraum stieg der Anteil der Intensivnutzer von Nachrichtensites von 7,9 auf 14,2 und von 7,0 auf 12,3 Prozent. "Online und Print laufen nicht einfach parallel oder ergänzen sich gar", erklären die Autoren, "sondern machen einander zunehmend Zuwendungsressourcen streitig." Es zeichne sich der Übergang von einer "experimentellen Parallelnutzung" hin zur "habitualisierten Entscheidung" für Print oder Online ab.
Internet gewinnt
Die Entwicklung unterstreicht laut Studie für die Verlage die Notwendigkeit, die Digitalisierung ihrer Marken rasch und umfassend voranzutreiben, um die Nachrichtenkonsumenten im Internet an sich zu binden, die sie als Zeitungsleser verlieren. Die Autoren erinnern auch an die Prognose des Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner, dass Tageszeitungen in "fünf, zehn oder 25 Jahren" überwiegend digital vertrieben würden. "Die vorliegende Analyse gibt entsprechenden Visionen eine empirische Basis in der Gegenwart."
(dpa)