Horrorgeschichte als Online-Bestseller
Stephen Kings letztes Werk "Riding the Bullet" lässt Verleger erschauern. Weniger weil die Geistergeschichte so gruselig ist, sondern wegen des großen Zuspruchs, den der ausschließlich online erhältliche Text von Seiten der Leser gegenwärtig erfährt. Die Ära des "Electronic Publishing" scheint tatsächlich angebrochen zu sein.
Allein über die Website des Online-Buchhändlers barnesandnoble.com wurde der Titel in 24 Stunden 200.000 Mal heruntergeladen. Für barnesandnoble.com ein deutliches Zeichen, dass der Markt für das Format reif ist.
Auch in der Vergangenheit haben Autoren und Verlage schon mit der Distribution von elektronischen Texten experimentiert, King ist aber der erste Autor mit Breitenwirkung, der sich entschlossen hat, ein Werk exklusiv über das Netz unters Volk zu bringen. Die Aktion wird in der Verlagswelt daher als erster ernst zu nehmender Test für das Format gehandelt.

Der Download des Titels bei barnesandnoble.com ist während der Einführungsphase zwar noch kostenlos, doch habe man schon in der Vergangenheit erfolgreich elektronische Texte verkauft, hieß es von Seiten des Unternehmens. In Zukunft wird Kings Geschichte 2,50 Dollar kosten.
Neue Märkte
Chris Askill, Chef des Verlages Fatbrain, sieht auch Wechselwirkungen zwischen dem elektronischen Format und den literarischen Gattungen.
Geschichten, die von den Verlagen bisher links liegen gelassen wurden, weil sie zu lang waren für Magazine und zu kurz, um als Roman durchzugehen, fänden durch die Distribution übers Netz einen neuen Marktplatz. Kings Geschichte sei mit einem Umfang von 66 Seiten ein Paradebeispiel dafür.
Fatbrain will heute unter der Adresse mightywords.com eine Website starten, die darauf spezialisiert ist, Texte von einer Länge zwischen zehn und 50 Seiten zu veröffentlichen. Die Autoren erhalten 50 Prozent vom Verkaufspreis.

Electronic Publishing ist längst nicht mehr die Domäne von innovativen Start-ups. Auch Giganten wie Microsoft und Bertelsmann beackern dieses Feld beharrlich.
Microsoft hat Abkommen mit Verlagen wie Penguin, Time Warner, Simon & Schuster und Bertelsmann getroffen, um Tausende Titel in ein elektronisches Format zu konvertieren.
Die Bertelsmann AG, die auch 50 Prozent an barnesandnoble.com hält, will in den nächsten drei Jahren rund 240 Millionen Schilling in eine Print-on-Demand-Kooperation mit Xerox investieren.