Telefon und Internet aus der Steckdose
Powerline ist das Schlagwort für jene Technologie, die Internet und Telefon aus der Steckdose möglich macht. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind die Automatisierung der Wohn- und Lebensumwelt sowie Sicherheitstechniken.
Früher als gedacht ist diese Technik nun offenbar marktreif. Während Technologie- und Energiekonzerne derzeit noch europaweit Feldversuche durchführen, in denen die Praxistauglichkeit von Powerline Communications über so genannte Niederspannungsnetze mit 220 Volt getestet wird, findet in Süddeutschland im Mai eine Weltpremiere statt. Der erste Industriebetrieb wird über das 20-Kilovolt-Industriestromnetz an das globale Datennetz angebunden.
Powerline für deutsche Privat-Telefonkunden
Von Juli an können auch die ersten Privatkunden über das Stromnetz und damit über die Steckdosen in ihren Wohnungen telefonieren, im Internet surfen oder bespielsweise die Heizung steuern, verspricht der regionale Energieversorger MVV Energie aus Mannheim.
Ob 220 oder 20.000 Volt - das Stromnetz bietet die faszinierende Möglichkeit, neben Elektrizität auch Daten jeder Art per elektrischen Impuls zu übertragen. Bisher werden dazu vor allem Telefonleitungen genutzt, per Festnetz oder per Funk. Mit der technischen Aufrüstung des Telefonnetzes auf ISDN-Standard wurde der Durchlass für die Datenmenge erweitert. Das Surfen im Internet wurde damit verbessert, mit der sogenannten xDSL-Technik ist ein weiterer Geschwindigkeitsgewinn möglich. Bislang existieren aber nur wenige Anschlüsse mit xDSL-Technik. Mit dem Stromkabel liegen aber die Voraussetzungen für Hochgeschwindigkeits-Internet-Anschlüsse praktisch in jedem Haushalt. Diese 220-Volt-Leitungen ermöglichen derzeit bereits eine garantierte Daten-Übertragungsrate von mehr als einem Megabit pro Sekunde für jeden angeschlossenen Nutzer. Das sind 20 bis 30 Mal so viele Daten wie über ISDN.
Vor diesem Hintergrund entwickeln zahlreiche Technologiekonzerne wie Siemens oder Ascom zusammen mit den Stromerzeugern als Inhabern der Stromnetze Powerline-Communications-Technologien.
Der Vorteil des Stromkabels beim Transport von Daten und Sprache gegenüber Telefon oder dem TV-Kabelnetz: eine flächendeckende Verbreitung, Stromanschlüsse zumeist in jedem Raum und günstigere Kosten, da keine zusätzliche Verkabelung anfällt. Doch für den Privatkundenbereich im 220-Volt-Netz habe bisher niemand einen einsetzbaren Powerline-Standard, heißt es bei Entwicklern.
Vorgeprescht ist jetzt die MVV Energie AG, die schon im Juli Privatkunden mit Powerline versorgen will. Spezielle Steckdosen seien nicht erforderlich, der Zugang zum Stromnetz erfolge über einen Adapter.
Die Kosten sollen laut MVV "erschwinglich" sein. In der Branche wurden zuletzt 250 DM pro Adapter genannt. Der Adapter funktioniert nach dem Prinzip "Plug and Play". Das bedeutet, dass jedes Gerät, egal ob analoges Telefon oder digitaler PC, mit Powerline verbunden werden kann.

"Last Mile" adé
Mehr als 150 Milliarden DM werden in gut fünf Jahren mit Powerline Communications umgesetzt, schätzen Insider. Für die Energieversorger eröffnet sich damit ein neues, wachstumsträchtiges Geschäftsfeld, auf dem sie eine Schlüsselrolle innehaben: Sie können den eigenen Strom-Kunden Daten- und Sprachdienste vermitteln, und sie haben die Abrechungssysteme in der Hand.
Bei den Telekomkonzernen dürfte die Freude über Powerline geteilt sein. Ihnen wird bei Ferngesprächen, im Ortsnetz und beim Internet-Verkehr durch die Powerline-Technologie neue Konkurrenz erwachsen. Denn Powerline lässt sich nicht nur innerhalb von Gebäuden nutzen: Auch die von Ex-Monopolisten beherrschte "letzte Meile zum Kunden" lässt sich mittels Powerline überbrücken.