09.03.2000

AB & TRITT

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Telekom-Vorstand geschlossen zurückgetreten

"Ich rechne damit, dass der neue Vorstand bis Mitte April seine Arbeit aufnehmen wird", sagte der neue Telekom-Austria-Aufsichtsratsvorsitzende und ÖIAG-Finanzvorstand, Johannes Ditz, heute zur APA.

Unterdessen werde der bisherige Vorstand mit voller Kraft die Vorbereitungen für den Börsengang weiterführen, dessen Zeitplan im Juni fixiert werden soll. Der Börsengang sei aber durchaus noch heuer möglich.

Beendigung der Vorstandsfunktion

Der derzeitige Vorstand der Telekom Austria [TA] hat heute dem Aufsichtsrat erwartungsgemäß die vorzeitige Beendigung der Vorstandsfunktionen angeboten und sich gleichzeitig bereit erklärt, diese bis zu Beginn der Tätigkeit des neuen Vorstandes weiter auszuüben.

Der Aufsichtsrat der TA stimmte der vorzeitigen Beendigung der Vorstandsfunktionen zu.

Das Präsidium des Aufsichtsrates wurde beauftragt, das Auswahlverfahren für eine Neubesetzung des Vorstandes rasch durchzuführen; die Syndikatspartner werden die nötigen Schritte umgehend einleiten.

"Im besten Einvernehmen"

Mit Generaldirektor Werner Kasztler wurde außerdem "in bestem Einvernehmen" vereinbart, dass er der TA und der ÖIAG als Konsulent weiter zur Verfügung stehen wird.

Chancen für Technik-Vorstand Fischer

Der Kandidat für die Nachfolge von Werner Kasztler stehe noch nicht fest und müsse erst über einen Auswahlprozess gefunden werden, so Ditz. Technikvorstand Rudolf Fischer, der sich nach eigenen Angaben wieder bewerben wird, räumt Ditz "gute Chancen für eine Wiederbestellung" ein. Über die Nachfolge der italienischen Vorstände wollte sich der Aufsichtsratspräsident nicht äußern.

Auf wenig Gegenliebe stößt die Ablösung des gesamten Vorstandes bei den Personalvertretern im TA-Aufsichtsrat. Sie wollen bei der heutigen Sitzung eine Klarstellung vom neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Johannes Ditz, warum der Vorstand gerade während der Vorbereitungen des Börsenganges ausgewechselt wird.

Der Vorsitzende im Zentralausschuss der Telekom, Hans Billeth, fürchtet, dass es durch dieses Manöver zu einem Stillstand kommt, der auf dem hektischen Telekom-Markt zu einem Wettbewerbsnachteil für die TA werden könnte.

Billeth kann sich grundsätzlich keine Vollprivatisierung der TA vorstellen. Werde der knapp 75-prozentige Bundesanteil an Streubesitzer verkauft, bekäme die Telecom Italia mit ihrem Anteil

von 25 Prozent plus einer Aktie das alleinige Sagen.

Gegen Vollprivatisierung

Für die Belegschaft bedeuten die Privatisierungsüberlegungen bei der Telekom Austria eine totale Verunsicherung, sagte Billeth. Bei einer

100-Prozent-Privatisierung würde die TA ihre Kollektivvertragsfähigkeit verlieren.

"Man weiß, was bei voll privatisierten Betrieben zuerst passiert, nämlich Änderungskündigungen", sagte Billeth.

Andererseits sei die TA gemäß Poststrukturgesetz verpflichtet, die Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Nicht mehr benötigte Mitarbeiter würden die Fixkosten also bis zu ihrer Pensionierung weiter belasten.

Die Altersstruktur bei der TA biete nach dem bisherigen Frühpensionierungsplan nur mehr geringe Reserven, rund tausend

Mitarbeiter im Alter von über 55 Jahren hätten die Frühpensionierung nicht angenommen, könnten diese also nachholen. Heute 50-Jährige könne man aber nicht einfach "loswerden", sonst müsste das Unternehmen rund zehn Jahre lang deren Gehälter zahlen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Finanzminister für freigesetzte Telekom-Beamte anderswo eine Beschäftigung findet", sagte Billeth.

Arbeitsniederlegung

Der bisherige Sozialplan sieht vor, dass bis 2003 die Belegschaftszahl der TA von derzeit 15.300 auf 13.200 gesenkt wird. Inzwischen werde eine Absenkung auf 11.000 kolportiert.

"Unter diesem Gesichtspunkt wird es Probleme geben", sagte Billeth. Er ist überzeugt, dass die TA an Wert verlieren würde, "wenn es zu Betriebsversammlungen oder Arbeitsniederlegungen kommt".