Großes Interesse an IT-Green-Card
Dewang Mehta von der Vereinigung indischer Software-Hersteller [Nasscom] hat große Pläne: "Indische Software-Firmen werden Direktflüge nach Deutschland einrichten", kündigt er an.
Die Green-Card-Initiative der deutschen Bundesregierung, die den Fachkräfte-Mangel in Deutschland lindern soll, hat in Indien große Erwartungen geweckt. Dabei setzten die Inder nicht nur auf die bloße Entsendung von Arbeitskräften, sondern hoffen auch auf einen regelrechten Boom für ihre Software-Exporte nach Deutschland.

Die Nasscom schätzt den Wert der indischen Software-Exporte nach Deutschland für das vergangene Jahr auf vier Milliarden indische Rupien [96 Mio. Euro]. Durch die Green-Card-Initiative glauben die Inder diese Zahl nun bis Ende 2001 mehr als verdoppeln zu können. Zurzeit gehen die meisten Software-Exporte noch in die USA, nach Großbritannien und Japan. Deutschland steht derzeit auf Platz vier.
"Doch mit der neuen Initiative ist Deutschland den anderen europäischen Ländern um einen Schritt voraus", meint Nasscom-Chef Mehta, der auf eine strenge Reglementierung des Visa-Programms dringt, um einen Missbrauch durch schlecht qualifizierte Arbeitnehmer zu vermeiden: "Indische Computerspezialisten gelten als gute Spezialisten. Wir müssen diesen schwer erarbeiteten Ruf schützen."
Doch noch ist es nicht soweit. Eine Arbeitsgruppe in Deutschland soll zunächst den Bedarf der Unternehmen im Land prüfen und festlegen, unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Ländern Arbeitsgenehmigungen bekommen könnten.
Erste Ergebnisse sollen bereits in Kürze vorliegen, denn die deutsche Computer-Branche fürchtet angesichts von 75.000 fehlenden Experten, im internationalen Wettbewerb in der schnelllebigen Branche bald ins Hintertreffen zu geraten.
Die deutsche Botschaft in Neu Delhi rechnet damit, dass die ersten Genehmigungen noch im Laufe des Sommers ausgestellt werden könnten. Das Interesse ist schon jetzt groß. "Wir haben zahlreiche Bewerbungen von indischen Software-Experten erhalten", sagt Carsten Hölscher, Sprecher der Vertretung.
Den Vorwurf, die Initiative könnte einen "brain drain", also ein Abwandern von hochqualifizierten Arbeitskräften, verursachen und die indische Softwareindustrie ausbluten, will er nicht gelten lassen: "Unsere Politik war es immer, einen 'brain drain' zu vermeiden", versichert er. "Das Ziel dieser Initiative ist es, Software-Fachleute nach Deutschland zu bringen, die sonst ins Silicon Valley in den USA gehen würden."
Auch Hölscher glaubt, dass die Green-Card-Initiative auf Dauer die deutsch-indischen Handelsbeziehungen stärken wird. "Wenn mehr Inder in Deutschland arbeiten, wird das den Warenaustausch erst richtig in Schwung bringen."
Darauf setzt Nasscom-Chef Mehta: "Der deutsche Markt könnte mit dem britischen gleichziehen", prophezeit der Verbands-Präsident und kündigt an, auch auf sprachlicher Ebene die Weichen für eine engere Zusammenarbeit zu stellen: "Wir planen Deutschkurse in der Ausbildung zum Software-Experten einzuführen, damit unsere Informatiker den anderen voraus sind."