Infineon löst Börsenfieber aus
Im Lotteriespiel um die heiß begehrten Aktien des Chipherstellers Infineon beginnt für die Privatanleger jetzt das große Zittern. Millionenfach wurden die Anteile der Halbleiter-Tochter von Siemens in den vergangenen Tagen geordert. Der Ansturm übertraf vielerorts sogar die Nachfrage beim Börsengang der Deutschen Telekom vor gut drei Jahren. Nun müssen Banken und Unternehmen entscheiden, wer das große Los zieht.
Banken werden überrannt
Der Andrang der Anleger überraschte das Unternehmen ebenso wie
Banken und Analysten. "Auch die optimistischsten Erwartungen wurden
übertroffen", erklärte eine Sprecherin der Deutschen Bank, die das
Konsortium anführt. Die Direktbanken wurden buchstäblich mit
Aufträgen überrannt. Der deutsche Marktführer comdirect Bank: "22
Millionen Stück sind bislang bei uns gezeichnet worden." Auch der
Discount-Broker Consors in Nürnberg registrierte millionenfache
Bestellungen.

20fache Überzeichnung
So übersteigt die Nachfrage nach den Aktien bei weitem das Angebot. Experten rechnen mit einer etwa 20fachen Überzeichnung. Angeboten werden bis zu 192 Millionen Aktien zu einem Preis von 29 bis 35 Euro. Am Mittwoch endete die vergünstigte Zeichnungsfrist, in der Privatanleger mit einem Euro Rabatt pro Aktie rechnen können. Am 10. März läuft die Frist dann endgültig aus. Drei Tage später startet Infineon an der Börse.
Noch ist nicht entschieden, wie die Papiere verteilt werden. Beim Börsengang der Telekom wurde den Kleinanlegern noch eine Mindestmenge garantiert. "Das ist bei Infineon nicht möglich", sagte die Sprecherin der Deutschen Bank. Das Volumen der Telekom-Emission sei deutlich größer gewesen.
Nun beginnt das Rätselraten über die Zuteilung der Aktien. "Wir müssen von einem Losverfahren ausgehen", sagte Markus Straub von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre. Nur 50 bis 60 Millionen Aktien stünden für Privatanleger zur Verfügung. Somit könnten beispielsweise eine Million Anleger eine Ration von jeweils 50 Aktien zugelost bekommen. Die anderen Besteller würden leer ausgehen.
Keine Ahnung von Infineon
Mittlerweile mehren sich warnende Stimmen. Viele Anleger wüssten nicht einmal, was Infineon überhaupt herstellt, betonten Experten. "Wir sind von der Aktie als solcher nicht so überzeugt", hieß es bei einer Bank. Die Halbleiterbranche sei sehr zyklisch, zudem sei ein Technologievorsprung eines Unternehmens schnell wieder dahin. Noch vor wenigen Jahren drängten Analysten den Siemens-Konzern, sich endlich von der lange Zeit verlustreichen Halbleiter-Sparte zu trennen. Auch Straub sieht die Gefahr einer "Milchmädchen-Hausse".
Auch bei Infineon ist man sich der Risiken bewusst. "Wir haben ein High-Tech-Papier", sagte Sprecherin Katja Schlendorf. Man habe immer darauf hingewiesen, dass die Halbleiterbranche starken Schwankungen ausgesetzt ist. Viele Anleger hoffen aber, dass Infineon zumindest ein Highflyer wird wie das Schwester-Unternehmen Epcos. Der Bauelemente-Spezialist, mittlerweile sogar im Dax, verfünffachte seinen Kurs seit dem Börsenstart im Herbst. Infineon-Chef Ulrich Schumacher betonte stets, so eine Performance dürfe niemand fordern.
Abwarten und Silizium trinken
Zumindest in den ersten Tagen und Wochen wird die Infineon-Aktie nach Einschätzung vieler Experten deutlich zulegen. Anleger, die keine Aktien zugeteilt bekommen, könnten das an der Börse nachholen. Im Telefonhandel wird das Papier schon mit rund 90 Euro bewertet. Die SdK sieht allerdings Risiken, wenn Anleger am ersten Tag an der Börse bei Infineon einsteigen. In der Anfangseuphorie könne der Kurs nach oben schießen. Besser sei es, die Entwicklung erst einmal abzuwarten.
Kleinanleger im Aktienrausch
Viele Anleger machen mit Infineon erste Aktienerfahrungen. "Wir haben zurzeit jeden Tag 1.100 Depoteröffnungen, fast alle wegen Infineon", sagte ein Sprecher der Münchner Stadtsparkasse. Wer bei Infineon leer ausgeht, könnte versuchen, bei anderen attraktiven Börsengängen in diesem Jahr zum Zuge zu kommen: Vor allem bei T- Online wird eine neue Euphoriewelle erwartet.