WIPO vs. Domain-Name-Grabber
Das rechtliche Vorgehen gegen Cybersquatter, die sich begehrte internationale Web-Adressen [meist bekannte Markennamen] schützen lassen, um sie hinterher an Firmen, die diese Marken aufgebaut haben, teuer zu verkaufen, war bisher sehr schwierig.
Jetzt sind die ersten Urteile des neuen Online-Schiedsgerichts der Weltorganisation für Geistiges Eigentum [WIPO] gegen Domain-Name-Grabber ergangen, und sie sprechen eine deutliche Sprache: In jedem der fünf Fälle ordneten die Richter die "Räumung" der Seite durch den Cybersquatter an.
Eine der ersten Firmen, die vor dem Gericht geklagt hat, ist der Hersteller von "Stella D'oro"-Keksen. Die US-Firma ärgerte sich seit langer Zeit darüber, dass sich ein Unternehmen namens "The Patron Group" aus San Francisco die Rechte an der Internet-Adresse "stelladoro.com" gesichert hatte. Ein Angebot der Patron Group, die Adresse für 2.300 Dollar zu kaufen, schlug der Kekshersteller nach eigenen Angaben aus und wandte sich stattdessen an das bei der Weltorganisation für Geistiges Eigentum [WIPO] in Genf angesiedelte Online-Gericht. Das Gericht nahm sofort Kontakt zur Patron Group auf, die erklärte, sie habe die Adresse nicht in böser Absicht registrieren lassen, sondern um sie in Zukunft für den Internet-Verkauf von Schmuck in Lateinamerika zu benutzen - denn Stella D'oro bedeutet übersetzt: Stern aus Gold. Diesen Einwand ließ das mit Juristen und Internet-Fachleuten aus aller Welt besetzte Gericht aber nicht gelten. Es wies die Internet-Firma, bei der Patron die Adresse registriert hatte, an, den Eintrag zu löschen.

Australiens größter Telekommunikationskonzern Telstra hat sich vor dem Online-Gericht unterdessen erfolgreich gegen den Besetzer der Seite "telstra.org" zur Wehr gesetzt. Dieser hatte sich hinter dem mysteriösen Namen "Nuclear Marshmallows" und einer falschen Adresse verborgen und mit Telstra monatelang Versteck gespielt.
Rechtlich bindend sind die Urteile des Online-Schiedsgerichts zwar nicht. Allerdings haben sich alle Firmen, die eine Lizenz zur Vergabe internationaler Internet-Adressen haben, auf die Respektierung der WIPO-Urteile geeinigt.
Das Online-Gericht kann allerdings nur entscheiden, wenn es um internationale Domain-Namen geht, das sind Internet-Adressen, die auf .com, .net oder .org enden. Für nationale Adressen, die zum Beispiel ein .at für Österreich oder ein .de für Deutschland am Ende haben, ist das neue Gremium nicht zuständig.
Laufende Verfahren vor dem Schiedsgericht
Ein Verfahren zur Rückgabe einer Web-Adresse vor dem
WIPO-Schiedsgericht kostet zwischen 1.000 und 2.500 Dollar.
Trotzdem, der Andrang ist groß. Seit Dezember sind bei der WIPO
schon rund 100 Klagen eingegangen. Und, wie ein Blick auf die Liste
der noch laufenden Schiedsgerichts- Verfahren zeigt, es sind nicht
nur Internet-unerfahrene Firmen, denen Domain-Grabber ins Handwerk
pfuschen. Unter den Opfern ist beispielsweise die britische
Fluggesellschaft easyJet, die heute schon einen beachtlichen Teil
ihrer Tickets über die Website easyjet.com verkauft. Sie will sich
nun gegen den Besitzer der Adresse easyjet.net zur Wehr setzen, der
auf seiner Seite neben deutschen Staubsaugern auch gleich die
Adresse zum Kauf anbietet. Die Nobelmarke Dior hat gleich mehrere
Verfahren angemeldet, um Adressen wie dior.org, diorfashions.com und
christiandiorcosmetics.com räumen zu lassen. Selbst der
Software-Gigant Microsoft hat offensichtlich Ärger mit virtuellen
Hausbesetzern, die sich die Adresse microsoft.org unter den Nagel
gerissen haben. Weitere umkämpfte Domains: nokiagirls.com,
euro-tunnel.com, guerlain.net, adobeacrobat.com und
acrobatreader.com.
