Apple-Design für den Linux-Gnom
Eine verschworene Gemeinde von Computer-Spezialisten zählt schon seit Jahren auf das freie Betriebssystem Linux. Unzählige Internet-Angebote im World Wide Web laufen unter dem System mit dem Pinguin-Symbol.
Auch Großkonzerne wie IBM, Oracle und SAP demonstrieren heuer auf der Computermesse CeBIT in Hannover anspruchsvolle kommerzielle Lösungen auf der Basis von Linux.
Populär
Private Computernutzer hingegen wurden bislang von der Komplexität des Systems abgeschreckt. Doch das soll sich nun ändern.
Eine Reihe von Softwarefirmen haben sich zum Ziel gesetzt, Linux nicht nur zum stabilsten Betriebssystem für den PC zu machen, sondern auch zum benutzerfreundlichsten und populärsten Programm für den Massenmarkt. Unternehmen wie die SuSE Linux AG in Nürnberg oder Red Hat Inc. haben aus dem im Internet frei erhältlichen Linux-Code sowie Anwendungsprogrammen wie "StarOffice" Komplettsysteme auf CD zusammengestellt, die Linux-Anfängern die Installation der Software erleichtern sollen.
SuSE, Red Hat und Eazel
SuSE und Red Hat sind so erfolgreich, dass der Chipgigant Intel
auf sie aufmerksam wurde und in beide Linux-Spezialisten
investierte.


Der boomende Linux-Markt dürfte nun auch durch Eazel Inc., einen Linux-Neuling aus dem kalifornischen Silicon Valley, aufgemischt werden. Hinter Eazel stecken die legendären Programmierer, die Anfang der achtziger Jahre den Apple Macintosh mitentwickelt haben.
Apple-Macinstosh-Team in Offensive
"Die Beatles kamen nie wieder zusammen, aber vier Mitglieder des
ürsprünglichen Apple-Macintosh-Teams haben wieder zusammengefunden",
schrieb John Markoff, der bekannte Computer-Kolumnist der New York
Times. Bekannteste Figur bei Eazel ist der kongeniale "Software
Wizard" Andy Hertzfeld, der maßgeblich das benutzerfreundliche
Apple-Programm geschrieben hat. Das Team besteht weiterhin aus
Firmenchef Mike Boich, Susan Kare und Guy Tribble.

"Unser Ziel ist es, Linux als die Benutzeroberfläche für Millionen von Computeranwendern zu etablieren", heißt es auf der Website von Eazel .
Damit nimmt das Quartett direkt Marktführer Microsoft ins Visier, dessen Windows-System auf über 200 Millionen PCs läuft.
KDE und Gnome
Das Original-Linux-System wird wie andere Unix-Systeme mit
Kommandozeilen per Text-Eingabe bedient. Experten haben keine
Schwierigkeiten, das System mit Befehlen wie "gzip -dc
patch-2.2.2.gz öpatch -p0" zu bedienen. Für das Massenpublikum hat
sich aber in den vergangenen zehn Jahren die grafische
Benutzeroberfläche mit Mauszeiger, Symbolen ("Icons") und Fenstern
durchgesetzt. Für Linux sind bereits verschiedene grafische
Benutzeroberflächen erhältlich. In Deutschland besonders populär ist
das von Matthias Ettrich 1996 initiierte KDE-Projekt.

In den USA ist der virtuelle Schreibtisch des GNU Network Object Model Environment [Gnome] bekannter. Aber weder KDE noch Gnome haben die an Microsoft-Windows gewöhnten Anwender bisher zum massenhaften Umstieg auf Linux bewegen können. Das Eazel-Team baut nun auf dem Gnome-Projekt auf.

Microsoft fühlt sich von Linux nicht bedroht
Microsoft sieht nach eigenen Angaben in den zahlreichen neuen Open-Linux-Angeboten keine ernsthafte Konkurrenz für das eigene Geschäft mit dem neuen Serverprogramm Windows 2000.
Nachdem Microsoft bereits seit Jahren mit dem Vorgänger Windows NT auf dem internationalen Markt sehr erfolgreich gewesen sei, dürfe man "jetzt nicht kleinmütig sein", erklärte Microsoft-Sprecher Thomas Baumgärtner auf der Computermesse CeBIT 2000 in Hannover.
Insbesondere deutsche Mittelstandskunden, aber auch Behörden und andere Institutionen wüssten die Stabilität der Windows-Serversoftware zu schätzen. Auf dem weltweiten Markt für Server-Software liege Microsoft bei 38 Prozent, in Deutschland sogar auf einer Spitzenposition von 54 Prozent.
Keine Open Source
Microsoft sehe auch in Zukunft keinen Grund, von seiner Praxis
abzugehen, den Code für seine Programme nur für die Entwickler von
Schnittstellen offen zu legen, sagte Baumgärtner. Als Vorurteil wies
der Sprecher die Behauptung zurück, die modernen Linux-Systeme, die
auf der CeBIT viel Beachtung der Experten wie auch des breiten
Publikums fanden, seien im Vergleich zu anderen Server-Produkten
weniger von Abstürzen bedroht. Im Internet nachlesbare Bug-Listen
von Fachleuten ließen das Gegenteil erkennen.
