© Fotolia/Remo Liechti, Vollmond

Der Mond als Funkrelais

"Moonbouncers"
07.12.2009

Am Wochenende haben Hunderte Funkamateure weltweit versucht, mit Richtantennen und dem Mond als "Spiegel" andere Kontinente zu erreichen. Das am weitesten verbreitete Programm für diesen digitalen Funkverkehr stammt von Nobelpreisträger Joseph Taylor.

Rund um die Welt hat das Gros der Funkamateure derzeit wenig zu lachen, lässt sich doch der größte Teil des Frequenzspektrums, in dem sie die meisten ihrer experimentellen Fernverkehrsverbindungen abwickeln, im Moment nicht nutzen.

Es fehlt der Kurzwelle an Sonnenflecken, von denen es in erster Linie abhängt, ob diese Signale an der Ionosphäre reflektiert werden oder nicht. Dazu spielen noch einige weitere Faktoren (astro-)physikalischer und tageszeitlicher Natur eine wichtige Rolle (siehe Anmerkung).

Die Funker drängen sich daher momentan in den wenigen Bändern, in denen Fernverkehr überhaupt und nur für kurze Zeitabschnitte möglich ist, nämlich auf 80 und 40 Metern (3,5 - 3,8 MHz, 7,0 - 7,1 MHz), denn oberhalb von zehn MHz ist so ziemlich alles dicht.

Ein anderer Reflektor

Weil aber dem Ingenieur bekanntlich "nichts zu schwör" ist, muss eben der Mond als Reflektor herhalten, damit man ?ein Signal über die Erdkrümmung schießen und mit Gleichgesinnten auf anderen Kontinenten kommunizieren kann.

Anmerkung

Im Sinne einer breiteren Rezeption des Inhalts mussten die physikalisch-technischen Zusammenhänge hier unterschiedlich stark verkürzt und vereinfacht dargestellt werden.

"Moonbouncing", Rauschpegel

Auf den Kurzwellenfrequenzen funktioniert das "Moonbouncing" freilich nicht, dazu braucht es einen genau ausgerichteten Beam, also Richtfunk. In einem höheren Frequenzbereich, wo die Wellen (Schwingungen) sehr viel kürzer sind, macht man sich seitens der Funkamateure das zunutze, am häufigsten im 2-Meter-Band. Das ist "oberhalb" von UKW-Radio und dem Flugfunkband und "unterhalb" des langsam obsolet werdenden analogen Polizeifunks.

In diesem Bereich verhält sich die elektromagnetische Schwingung schon ähnlich den Lichtwellen, sie lässt sich bündeln, wofür es entsprechende Antennen braucht. Salopp ausgedrückt: An der Ionosphäre wird sie in der Regel "gebremst", aber nicht reflektiert, sondern geht hinaus in die "Weiten des Weltalls", bis sie verebbt.

Mobiles Antennenarray

Die Erde-Mond-Erde-Funker

Auf das vergangene Wochenende hatte die globale Crew der EME-Funker (Earth-Moon-Earth) daher sehnsüchtig gewartet. Es war die Nummer neun von zehn Wochenenden 2009, an denen laut Wetter- und Funkausbreitungsprognosen die Umstände im erdnahen Bereich des Sonnensystems besonders günstig waren, um den guten alten Mond als "passives Relais" zu nutzen.

Der Hauptfaktor für das Gelingen einer transkontinentalen Verbindung sind dabei der Abstand und die jeweilige Orbitposition des Trabanten sowie der Winkel, mit dem das gerichtete Funk?ignal auf die Mondoberfläche trifft.

Workshop in Wien

Am Dienstag halten Mike Zwingl und andere Funkamateure des Österreichischen Versuchssenderverbands (OEVSV) einen Workshop im Wiener Metalab ab. Ab 15.00 werden sechs einfache Software Defined Radios - programmierbare Computerfunkgeräte - zusammengebaut und programmiert.

Anschwellende Signalverdrehung

Erschwerend kommt hinzu, dass das VHF-Signal zwar durch die Ionosphäre gelangt, aber nicht unbeschadet. Die Polarität der Schwingung wird dabei "verdreht", und zwar auch beim Passieren der Ionosphäre auf dem Weg vom Mond zurück.

Und weil der Funk halt ein Hund ist, verläuft diese "Faraday-Rotation" nicht gleichmäßig, sondern wandert an- oder abschwellend schnell von vertikal nach horizontal und umgekehrt.

Das bedeutet: In Phasen, in denen die Polarisation des einfallenden Signals um 90 Grad gegenüber der Polarisation der jeweiligen Empfangsantenne verschoben ist, empfängt diese nichts Brauchbares.

Die Selbstüberlagerung

Als ob das alles nicht schon schwierig genug wäre, gibt es beim Mondverkehr noch das "Libration-Fading", eine Art zeitweiser Selbstauslöschung des Signals durch Selbstüberlagerungen, die unter anderem durch die zerklüftete Mondoberfläche ausgelöst werden.

Die EME Funker

Gearbeitet wird mit verschiedensten Set-Ups. Hannes OE5JFL strahlt den Mond mit einem selbstgebauten "Dish" von 11,2 Metern Durchmesser an, der (PC-los) über ein eigenes Mikrocontroller-Steuersystem der Mondbahn folgt. Auch der "Ring deutscher Pfadfinderverbände" funkt über den Mond, das Foto im Text stammt von ihrer temporär betriebenen Station OZ1RDP auf der dänischen Insel Romoe. Neben EME-Equipment verfügt man über einen imposanten Antennenpark für alle Bänder.

Auch hier geht es wieder um Aufprallwinkel, Reflexion, daraus resultierende Restsignalstärke und Polarisaton beim Eintreffen an der Empfangsantenne. Ebenso eine Rolle für Erde-Mond-Erde-Kommunikation spielen die Tagesintensität des kosmischen Rauschens sowie der Doppler-Effekt.

Reflexionen, Meteoriten

Von all dem lassen sich experimentierfreudige Funkamateure jedoch nicht schrecken, im Gegenteil. Mittlerweile stehen für Erde-Mond-Erde-Kommunikation eine ganze Anzahl von in der Community produzierten Programmen zur Verfügung, die meisten davon sind Open Source oder Shareware.

Die verbreiteste Anwendung Weak Signal Communication Software (WSJT) stammt von Joe Taylor - Rufzeichen K1JT -, der 1993 den Nobelpreis in Physik erhielt. Das WSJT-Programm beherrscht neben anderen auch das Protokoll JT65, das für EME-Kommunikation optimiert ist.

Taylors Programm rekonstruiert das "verdrehte" Signal aus mitempfangenen "Sekundenbruchteilsreflexionen ionisierter Teilchen um Meteoriten" (sic!). Außerdem kann WSJT auch noch Signale, die bis zu 26 Dezibel (sic!) unter dem Rauschen liegen, dekodieren.

Benötigt wird in erster Linie Standard-Equipment wie ein Zweiband-Transceiver (Sender/Empfänger) sowie ein Computer mit beliebigem Betriebssystem.

Leidige Flecken

Was die Sonnenflecken angeht, warten die traditionalistischeren Funkamateure weiterhin auf das zunächst für Ende 2006 vorausgesagte, dann auf 2007 respektive 2008 verschobene und bis jetzt nicht erfolgte Eintreten des neuen Sonnenfleckenzyklus.

Wann die neue Phase von Eruptionen beginnt, die den Kurzwellenbereich wieder verlässlich periodisch "verspiegeln", dass mit geringsten Mitteln analog im Zickzack um die Welt gefunkt werden kann, ohne dass es des guten alten Mondes bedarf, steht allerdings in den Sternen.

(futurezone/Erich Moechel)