Tubejacking: Schnelles Geld mit Videos
Die offene Architektur von Video-Hosting-Diensten wie YouTube und Dailymotion lädt zu kleinkapitalistischen Experimenten ein. Beim Tubejacking geht es darum, mit den Videos der anderen schnelles Geld zu machen.
Die Firma Axle Networks in Ruston, Louisiana, lädt die Nutzer des Video-Hosters YouTube dazu ein, Videos in ihre Website GreedTube einzubinden und sich dann die Werbeeinnahmen über das Werbesystem von Google zu teilen.
"Share Videos and Make Money", heißt der Slogan des Systems, dessen Oberfläche und Logo stark an das große Vorbild erinnern. Wer als Besucher über einen externen Link auf die Site kommt, wird erst auf den dritten Blick merken, dass er sich nicht auf YouTube befindet.
"Der einfachste Weg, im Netz Geld zu verdienen"
"Wir hosten die Videos nicht", heißt es in den GreedTube-FAQ. Und: "Es ist der einfachste Weg, im Netz Geld zu verdienen." Einfach ist es in der Tat. Der Nutzer lädt sein Video erst bei YouTube hoch, bettet es dann mit Hilfe des von YouTube eigentlich zur Verwendung in Weblogs generierten Codes bei GreedTube ein und gibt dem System noch seine Teilnehmer-ID in Googles AdSense-Programm bekannt. GreedTube und der Uploader des Videos teilen sich dann die Einnahmen.
Tubejacker überlassen das teure Hosting und die Bandbreitenkosten anderen Leuten. Wenn YouTube schon selbst kein Geld verdient, dann scheint es klug zu sein, wenigstens die Infrastruktur und die Inhalte für sich selbst produktiv zu machen.
Rechte "gesichert"
Klar, dass sich GreedTube in seinen AGBs auch gleich sämtliche Rechte zur Weiterverbreitung des eingebetteten Materials sichert und dort lustigerweise verbietet, die Inhalte von GreedTube umformatiert oder in Frames auf anderen Websites anzuzeigen.
Die Rechte an den Clips aber gehören, wie die Suchfunktion schnell zeigt, nicht unbedingt den Leuten, die sie bei GreedTube anzeigen lassen. Ausschnitte aus Fernsehserien holen halt doch mehr Interessenten auf die Site als Heimvideos von Tante Erna. Und auch bei Amateurvideos muss die Person, die sie bei GreedTube anmeldet, nicht mit dem ursprünglichen Schöpfer identisch sein.
Tubejacking auch auf Fansites
Weniger professionell aufgezogenes Tubejacking gibt es auf Fansites zu sehen. Unter der Adresse allsimps.com konnte der Simpsons-Fan bis vor kurzem sämtliche Folgen der beliebten Zeichentrickserie ansehen. Gehostet wurde das Material bei dailymotion, statt AdWords gab es dort Anzeigen von Amazon.com.
Allsimps.com wurde mittlerweile von Rupert Murdochs Anwälten geschlossen. Der Betreiber der Site weist aber darauf hin, dass er selbst die Videos nicht gehostet oder hochgeladen, sondern nur auf sie gelinkt hat. Verantwortlich sei höchstens der Hosting-Dienst dailymotion.
Kreative gehen leer aus
Mit den offenen Schnittstellen der Videohoster und dem damit verbundenen Tubejacking tut sich jedenfalls wieder ein interessantes Betätigungsfeld für Trittbrettfahrer und Anwälte auf. Wer auch in dieser Mikro-Ökonomie in den allermeisten Fällen kein Geld sehen wird, dürfte auch klar sein: die Kreativen, die die Inhalte erst schaffen.
(Günter Hack)