01.01.2000

1. JAN. 0

Bildquelle: APA

Elektronische Rundschau im Jahre null

"1. Jan 0" steht auf dem Display der Telefonanlage [Midi-Star, Kapsch/PTA], der Gedanke, zur so genannten "Bedienungsanleitung" zu greifen, erstickt sich angesichts der Erfahrungen wieder von selbst.

Die geheimnisvolle Logik der drei Hefte hatte im abgelaufenen Jahrtausend dazu geführt, dass Servicetechniker mehrfach am Rande der Verzweiflung gewandelt waren.

Schließlich funktioniert sie ja, also wozu was ändern? Sind wir halt telefonisch im Jahre 0, was als Metapher ohnehin von großer Schönheit ist.

NT

Der NT-Server serviert, als hätte sich das Jahr nicht in der Nacht an allen vier Stellen gleichzeitig verschoben, zwei Workstations und einem Notebook ist augenscheinlich genauso wenig wie den weitaus meisten Rechnern dieser Welt passiert.

Linux

Die USV [Unterbrechungsfreie Stromversorgung] schreit auf, wie üblich, wenn ein Bildschirm eingeschaltet wird.

Einer der aussichtsreichsten Y2k-Kandidaten, eine steinalte Linux-Kiste [Noname, Pentium 100], ist ohne Umstände hinaufgefahren, das Kommando "cal" bringt den Monat Januar des Jahrs 2000 auf den Schirm.

Heizung blind

Die Heizungs-Steuerung zeigt gar kein Datum an, also normal, weil sie dazu auch beim Y2K-Testen nicht zu bewegen war. Solang sie steuert, mag sie getrost auch weiterhin nichts zeigen.

Furby lebt

Ein Berg von Kleinelektronik, die Minderjährigen gewöhnlich dazu dient, niederfrequente Schwingungen mit penetranter Wirkung auf das Nervensystem zu erzeugen, funktioniert ebenfalls noch, und auch das Furby lebt.

Ist das ein Glück.

Die [analoge] SAT-Anlage holt Nachrichten aus der Welt, die heute freilich keinen News-Charakter haben.

Das betagte Kurzwellen-Set pfeift, dudelt und brummt und fängt dazu interessante Tropengewitter ein.

Irgendwann während dieser Elektronik-Nachschau im Jahre null, die alles andere als vollständig wiedergegeben ist, verdichtet sich ein unbestimmtes Gefühl zu einem Set von Fragen griesgrämiger Natur.

Imperative Elektronik

Warum zieht nahezu jede Aktivität, Kommunikation und sonstige Lebensäußerung nach sich, dass eine Unzahl von elektronischen Schaltungen in Gang kommt?

Wieso müssen wir kompliziert verreisen, Handys im Klo ertränken oder lügen, um uns für eine Zeit und da nur scheinbar vom kommunikativen Zugriff der Außenwelt zu befreien?

Warum zum Teufel müssen in einem Einfamilienhaushalt so viele Uhren laufen?

Wie lange nähert sich der Ablauf eines Lebens den Vorgängen in einem dieser Schaltkreise weiter an?