Kritik an Idee von kostenpflichtigen Mails
Die Idee, E-Mails ähnlich wie klassische Briefe kostenpflichtig zu machen, um die Spam-Flut einzudämmen, wird in letzter Zeit immer häufiger diskutiert. Prominentester Unterstützer der Idee ist Microsoft-Gründer Bill Gates, der in diesem Jahr schon wiederholt für den Ansatz eintrat.
Kritiker sehen aber die Offenheit des Internets und seinen demokratischen Charakter bedroht und darüber hinaus auch die drohende Ausweitung des "digitalen Grabens" zwischen Industrie- und Entwicklungsländern.
Wenn jede E-Mail einen Cent kosten würde, so die Anti-Spam-Idee, dann würden das normale Nutzer, die ein paar Nachrichten am Tag verschicken, wohl kaum in ihrem Portemonnaie merken. Spammer, die wahllos Millionen E-Mails auf einen Schlag versenden, bekämen die finanzielle Belastung dagegen sofort zu spüren.
Die Idee einer Art Briefmarke wird schon seit Jahren diskutiert, Bill Gates griff sie zuletzt auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos auf. Ein Vorschlag von Microsoft sieht vor, dass man, statt einen Cent zu bezahlen, vielleicht zehn Sekunden der Rechenzeit seines Computers zur Verfügung stellt, zum Beispiel zur Lösung eines mathematischen Puzzles. Damit würde der Nutzer vor allem zeigen, dass er es "ernst meint" mit der E-Mail.
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Digital Divide
Die Idee des Portos auf E-Mails stößt allerdings schnell an regionale Grenzen: In einem Land kann vielleicht noch abgerechnet werden, aber grenzüberschreitende E-Mails dürften rasch auf praktische Probleme bereiten.
In Entwicklungsländern würde zudem selbst jeder einzelne Cent zu einer Belastung. Viele Menschen dort könnten dann gar keine E-Mails mehr verschicken:
"Wir dürfen nicht nur an die halbe Milliarde Menschen denken, die heute E-Mail nutzen", meint etwa John Patrick, der früher bei IBM Vizepräsident für Internet-Technik war. "Da sind noch fünf bis sechs Milliarden, die das bald machen wollen."
Es gibt auch rein kommerzielle Ideen für kostenpflichtige E-Mails: Die Firma Goodmail ist zum Beispiel im Gespräch mit Yahoo und anderen E-Mail-Anbietern. Sie möchte von Werbe-Versendern einen Cent pro E-Mail kassieren, damit diese an den Filtern vorbeigeleitet und nicht als Werbemüll klassifiziert wird.
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Mails mit Klassenschranken
Einige Vorschläge zum Thema sehen auch vor, dass jeder Empfänger selbst festlegen kann, wie viel er für eine E-Mail bezahlt haben will. Einem Studenten reicht dann vielleicht ein Cent, der Vorstandsmanager will einen Dollar bekommen:
"Wenn auf einem normalen Markt etwas so schnell und effizient ist, dass jeder es haben will, dann geht der Preis normalerweise in die Höhe", sagt Sonia Arrison vom Pazifik-Forschungsinstitut. Es sei eine Illusion zu glauben, dass das Internet Klassenunterschiede aufheben könne, die in der realen Welt existierten.
Kritiker des Bezahlsystems sehen in neuen Techniken wie einer besseren Bestätigung der Absenderadressen und rechtlichen Schritten gegen Spammer bessere Wege: "In den 90er Jahren gab es schon E-Mail-Systeme, die zehn Cent pro E-Mail verlangten", sagt John Levine, ein Anti-Spam-Aktivist. "Sie sind alle tot."
Der Vorsitzende der "Internet-Verwaltung" ICANN, Vint Cerf, ist unterdessen überzeugt, dass Spammer immer einen Weg finden werden, jede Form der kostenlosen Nutzung der E-Mail auszunutzen. "Ich bin immer wieder überrascht, wie erfindungsreich sie sind", sagt Cerf.
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