Debatte über Softwarepatente geht weiter
Die Patentpraxis in den USA ist erneut Anlass für heftige Diskussion - aktuell durch Fälle wie NTP gegen Blackberry oder eBay gegen MercExchange. In der EU wurde eine Direktive zu Softwarepatenten letztes Jahr vom EU-Parlament verhindert - doch die Diskussion geht weiter.
Patente als Schutz für geistiges Eigentum werden weltweit vergeben und sind handelsübliche Praxis. In den USA wird das geltende Patentrecht allerdings immer wieder heftig in Frage gestellt.
Derzeit ist unter anderem das Online-Auktionshaus eBay in Patentstreitigkeiten verwickelt. Dabei geht es um die "Sofort-Kaufen"-Option, die laut US-Gericht ein gültiges Patent von MercExchange verletzt. Ein Einstellung des Features bei eBay durch eine einstweilige Verfügung lehnte das Gericht jedoch ab.
Kein Schaden für Patentinhaber
Die Argumentation des Gerichts: MercExchange werde durch eBay nicht dauerhaft geschädigt, da die Firma ihre Technologie sowieso lizenzieren wolle, also Anderen zur Verfügung wolle. Zudem biete MercExchange kein eigenes kommerzielles Produkt auf Basis dieses Patents an.
Ein Berufungsgericht lehnte diese Argumentation unter Berufung auf geltendes Recht allerdings ab und ließ eine entsprechende Einstweilige Verfügung zu. EBay dürfte damit das Feature erst wieder anbieten, sobald es ein eigenes Verfahren dazu entwickelt hätte. Der Fall zieht nun Ende März vor den Obersten Gerichtshof in den USA, denn erwartungsgemäß hat eBay dagegen Berufung eingelegt.
Das geltende US-Gesetz
Das US-Gesetz schreibt generell vor, dass bei einem Patentverstoß eine einstweilige Verfügung zulässig ist, außer die öffentliche Sicherheit ist davon betroffen.
Trivale Patente in den USA
Nicht nur seitdem, aber jetzt wieder einmal auf breiterer Basis, wird über die Sinnhaftigkeit der aktuellen Patent-Praxis in den USA heftig diskutiert. Am der geltenden Regelung wird vor allem kritisiert, dass es zu breit interpretierbare [triviale] Patente zulässt.
Damit werde anderen Firmen der Anreiz genommen, überhaupt in die Entwicklung und Herstellung neuer Produkte zu investieren, da sofort ein möglicher Kläger vor der Tür stehen kann, so das Argument.
Gute Geschäfte mit Patenthandel
Das Hauptproblem liegt dabei in der grundlegenden Veränderung, wie jüngste Neuentwicklungen zustande kommen.
Diese basieren oft auf vielen kleineren Technologien – sobald jemand ein Patent auf eine dieser Technologien hält, kann er die Vermarktung einer Neuentwicklung verhindern. Manche Firmen machen alleine damit ein gutes Geschäft.
Blackberry kurz vor Abschaltung
Erst vor kurzem machte der Fall NTP gegen Research in Motion [RIM], den Hersteller des beliebten Blackberry-Handhelds, Schlagzeilen. RIM hatte laut einer niedrigen Gerichtsinstanz gegen ein Patent von NTP verstoßen, dem Blackberry-Dienst drohte die Einstellung. Erst eine außergerichtliche Einigung der beiden Firmen beendete den Disput.
Praxis in Österreich
Das österreichische Patentrecht lasse triviale Patente wie in den USA nicht zu, so Johann Werner vom österreichischen Patentamt. Prinzipiell seien reine Patente auf Logik verboten, nur für echte technische Neuerungen würden Patente vergeben.
Patentierbar sei etwa ein spezielles Bügeleisen, das Plastikfolie zusammenschweiße könne, aber nicht das bügeln selbst – in den USA ist das möglich. So hat der Online-Händler Amazon etwa ein US-Patent auf das Einholen von Nutzer-Bewertungen zu Produkten auf digitalem Weg, etwa Buchkritiken, zugestanden bekommen.
Nicht triviale Software als solche sei in Österreich seit 15 Jahren patentierbar, so Werner weiter. Hierzulande seien nur wenige solcher Patente erteilt worden, in der ganzen EU gebe es ein paar 10.000. Nennen konnte er allerdings keines davon.
Stopp für "Softwarepatente"
Auf die Frage nach dem aktuellen Stand der versuchten Vereinheitlichung durch die EU-Richtlinie zur "Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen" [auch als Richtlinie für Softwarepaten bekannt], meint Werner: "Die Kommission hat sich eine blutige Nase geholt und rührt das Thema derzeit nicht an".
EU-Parlament lehnte Richtlinie ab
Im Juli letzten Jahres hatte das EU-Parlament mit 648 von 680 Stimmen die der EU-Kommission und EU-Rat ausgearbeitete Richtlinie abgelehnt.
Diese Woche hat sich das EU-Parlament zudem gegen die gegenseitige Anerkennung von nationalen Patenten innerhalb der EU ausgesprochen.
Für Befürworter Werner war die Richtlinie ein Versuch, die Patentregelungen in der EU zu vereinheitlichen. Für Österreich selbst hätte sich laut Werner wenig geändert, da hier bereits der Richtlinie ähnliche Regeln gelten würden, so Werner.
Gemeinschaftspatent als nächstes Ziel
Die Richtlinie als solches sei vorerst gestoppt, doch es gebe weitere Versuche, die Patentregelung in der EU zu vereinheitlichen. Derzeit sei das Community Patent [Gemeinschaftspatent - Patente werden für den gesamten EU-Raum vergeben] als eines der Ziele von Lissabon Hauptthema.
Vorerst sei in den EU-Ländern der jeweilige Status Quo bei der Prüfung von Patentierbarkeiten festgeschrieben, der mitunter sehr unterschiedlich sein könne, so Werner weiter. Die Richtlinie hätte vor allem den Technik-Begriff genau definieren sollen. Werner glaubt, dass damit die Zahl der [möglichen] Softwarepatente eingeschränkt worden wäre.
Starker Protest gegen Softwarepatente
Dem widersprechen allerdings die Gegner der Softwarepatente, die vor allem dem Europäischen Patentamt zu große Laxheit bei der Patentvergabe vorwerfen.
Für sie war die Richtlinie vor allem zu vage formuliert, damit wären Softwarepatente durch die Hintertür gekommen, so ihr Vorwurf.
Mehr zum aktuellen Stand der "Softwarepatente" in der EU und ihre größten Kritikpunkte im nächsten Teil der Serie.
EU-Konsultation zur künftigen Patentpolitik
Zum Community Patent sowie allgemein zur künftigen EU-Patentpolitik bzw. -harmonisierung läuft auf Initiative der Europäischen Kommission noch bis 31. März eine Konsultation.
Der Weg für ein EU-weites Patent
Wer derzeit in der EU ein Patent anmelden will, kann das entweder in jedem Land selber machen oder geht zum Europäischen Patentamt [EP]. Dieses prüft [je nach Wunsch], in welchen Ländern das Patent möglich ist. Nach Erteilung des Patents fällt dieses aber in nationale Patente "auseinander" und unterliegt auch dem jeweiligen nationalen Recht.
(futurezone | Washington Post | Nadja Igler)