Protest gegen Pläne zur "Bürgerkarte"
Die von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel gestern angekündigte "Bürgerkarte" stößt bei der Opposition, der Arbeiterkammer und unabhängigen Datenschützern auf Widerstand.
Die Österreicher sollen nach dem Willen der Regierung künftig mit einer "Bürgerkarte" ausgestattet werden, die für viele Amts- und Behördenwege - von der Sozialversicherung über die Uni bis zum Finanzamt - sowie als Identitätsnachweis eingesetzt werden kann.
Grundtenor der Kritik ist, dass eine Karte, die viele Funktionen vereint, die Überwachung drastisch vereinfacht und gleichzeitig den Bürgern die Kontrolle über ihre Daten weiter entzieht.
"Missbrauchsanfällig"
Die Arbeiterkammer ist aus Datenschutz- und Datensicherheitsgründen gegen den Vorschlag der Regierung, aus der elektronischen Sozialversicherungskarte eine "Bürgerkarte" für Amts- und Behördenwege zu machen.
Konsumenten hätten keine Sicherheit, dass der Datenschutz gewährleistet ist.
Die elektronische Sozialversicherungskarte dürfe nur die für die Leistungsabrechnung notwendigen Daten liefern, wie Sozialversicherungs-, Kartennummer, Name und Geburtsdatum und nicht zu einer Mehrzweckkarte aufgerüstet werden, fordern die AK-Konsumentenschützer.
Zu viele Informationen auf einer Karte wären ein Sicherheitsrisiko für die Karteninhaber: Technische Abläufe wären nicht mehr überschaubar für den Konsumenten, eine Vermischung von Daten und Funktionen stelle nicht sicher, dass alle Datenflüsse zuverlässig voneinander getrennt ablaufen. Umfassend einsetzbare Karten seien fehler- und missbrauchsanfällig, meinte die AK.

"Es gibt bereits genug zentrale Datenbanken"
Auch Hanz Zeger von der Arge Daten kann sich für die "Bürgerkarte" nicht erwärmen. Für ihn ist die Sache "ein alter Hut, der auf die Chipkartenlobby zurückgeht, die verzweifelt versucht, ihre unverkäuflichen Produkte an den Mann zu bringen."
Voraussetzung für eine Multifunktionskarte seien zentrale Dateien, so Zeger. Er sehe aber keinen weiteren Bedarf an eindeutiger Identifizierung. "Viel wichtiger wäre es, Verwaltungsvorgänge zu modernisieren und zu reduzieren", sagt Zeger, "da hilft eine Chipcard nicht weiter, denn in der Praxis ist bei jedem wichtigen Behördengang die persönliche Gegenwart ohnehin Voraussetzung.
Zeger hegt allerdings die Befürchtung, die Auskunftspflicht könnte durch die Einführung einer Chipcard empfindlich eingeschränkt werden. Dann nämlich, wenn die Chipcard zur Voraussetzung für die Erteilung von Auskünften avanciere.

"Eintrittskarte für Datenmissbrauch"
SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim kommentierte schon gestern, dass eine Bürgerkarte als "Eintrittskarte für Datenmissbrauch das letzte sei, was wir derzeit brauchen".
Die Einführung einer "Bürgerkarte" ist demnach nicht sinnvoll, "wenn in keiner Weise sichergestellt ist, wie die dort enthaltenen Daten vor rechtswidrigen Zugriffen geschützt werden können".