Doppelstrategie Richtung Softwarepatente
Die Diskussion um die Einführung von Softwarepatenten wird eines der Kernthemen bei der diplomatischen Konferenz zur Revision des Europäischen Patentübereinkommens [EPÜ] im November sein.
Derzeit schließt Artikel 52 EPÜ "Programme für Datenverarbeitungsanlagen" noch ausdrücklich vom Patentschutz aus. Laut dem im Vorfeld der Konferenz veröffentlichten "Basisvorschlag zur Revision des EPÜ" soll diese Ausnahme aber fallen. Damit könnte die Erteilung von Patenten für Computer-Software auch in Europa Realität werden.

Die Ausnahme des Art. 52 EPÜ wird in der europäischen Patentrechtspraxis schon jetzt geschickt umgangen: Zwar werden nicht Computerprogramme selbst als patentierbare Erfindungen zugelassen, sehr wohl qualifiziert das Europäische Patentamt (EPA) aber "softwarebezogene Erfindungen", bei denen Computerprogramme einen technischen Effekt bewirken, als patentierbar. Mehr als 13.000 derartige Patente wurden angeblich bereits registriert.

Während die Mehrheit der Großindustrie "zum Schutz des technischen Fortschritts" auf die Einführung von Softwarepatenten drängt, warnen Open-Source-Entwickler und kleinere und mittlere Softwareunternehmen gerade vor einer Behinderung technischer Entwicklungen durch Softwarepatente.
Sie führen auch ins Treffen, dass sie durch die Einführung von Softwarepatenten in die Illegalität gedrängt werden. Selbst bei sorgfältiger Recherche können sie sich nicht wirklich vor der Gefahr schützen, ungewollt fremde Patente zu verletzen.
"Die Programmierer freier Software werden durch Software-Patente unkalkulierbaren, ungerechtfertigten, unübersehbar großen und unvermeidbaren Prozessrisiken ausgesetzt. Insbesondere die Offenlegung der Quellcodes wird zum russischen Roulette", kritisiert der Förderverein für Informationstechnik und Gesellschaft [FITUG].

Der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur [FFII], hat in einem offenen Brief an den deutschen Justizminister vor einer "Bedrohung für Innovation, Wettbewerb und Wachstum der neuen Wirtschaft" gewarnt.

Gebrauchsmuster als kleine Patente
Während gegen die Einführung von Softwarepatenten Sturm gelaufen wird, haben Befürworter von Softwarpatenten noch eine Ersatzstrategie im Köcher: den Entwurf einer Gebrauchsmuster-Richtlinie.
Laut dieser Richtlinie sollen unter anderem auch "Erfindungen, die Computerprogramme betreffen", einem Schutz als Gebrauchsmuster zugeführt werden. Gebrauchsmuster werden oft auch als "kleine Patente" bezeichnet, die kostengünstiger und einfacher schützbar als Patente sind und nur für eine kürzerer Schutzdauer [laut Richtlinien-Vorschlag max. zehn Jahre] bestehen.

In Österreich gibt es schon seit 1994 ein Gebrauchsmustergesetz [GMG]. Gemäß § 1 dieses Gesetzes werden Erfindungen, die neu sind, auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind, auf Antrag als Gebrauchsmuster geschützt. Als so eine Erfindung wird laut GMG auch die Programmlogik angesehen, die Programmen für Datenverarbeitungsanlagen zu Grunde liegt.