EuGH stärkt Datenbank-Urheberrechte

urteil
09.10.2008

Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil die Urheberrechte der Ersteller von Datenbanken gestärkt und den Begriff der "Entnahme" von Daten präzisiert. Die Rechte von Datenbankautoren können auch durch systematische "manuelle" Datenentnahme verletzt werden.

In dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil geht es um eine Liste mit dem Titel "Die 1.100 wichtigsten Gedichte der deutschen Literatur zwischen 1730 und 1900", die im Rahmen des Forschungsprojekts "Klassikerwortschatz" unter Leitung des Germanistikprofessors Ulrich Knoop an der Universität Freiburg im Breisgau erarbeitet wurde.

Die Universität hat rund 34.900 Euro in das Projekt investiert. Sie sah sich durch den deutschen Verlag Directmedia in ihren Rechten verletzt, weil dieser eine CD-ROM unter dem Titel "1.000 Gedichte, die jeder haben muss" auf den Markt gebracht hatte. Diese CD enthielt 856 Gedichte, die auch in der von Knoop erstellten Liste vorkommen.

Das oberste EU-Gericht sieht es ebenso wie der deutsche Bundesgerichtshof als erwiesen an, dass sich Directmedia bei der Zusammenstellung der Lyrik-CD-ROM an der Freiburger Liste orientiert hat. Knoop ist bereits vom Bundesgerichtshof als Schöpfer eines Sammelwerks bestätigt worden. Die Gedichte selbst hat der Verlag aus eigenen digitalen Beständen genommen.

"Auf die Mittel und Formen kommt es nicht an"

Der Bundesgerichtshof hat den EuGH angerufen, damit dieser feststelle, ob in dem Fall eine Entnahme von Informationen im Sinne der Datenbankrichtlinie 96/9/EG vorliege. Kernsatz des Urteils: "Der Begriff der "Entnahme", die der Hersteller einer geschützten Datenbank untersagen kann, ist dahin zu verstehen, dass er jede unerlaubte Aneignung der Gesamtheit oder eines Teils des Inhalts einer Datenbank erfasst. Auf die eingesetzten Mittel und Formen kommt es nicht an."

Der Anbieter einer Datenbank darf zwar seinen Kunden nicht an der Abfrage zu Informationszwecken hindern, muss aber auch eine "händische" Übernahme der Daten nach systematischer Abfrage nicht hinnehmen.

Der EuGH schreibt, "dass die Übernahme von Elementen aus einer geschützten Datenbank in eine andere Datenbank aufgrund einer Bildschirmabfrage der ersten Datenbank und einer im Einzelnen vorgenommenen Abwägung der darin enthaltenen Elemente eine 'Entnahme' sein kann, die der Hersteller der Datenbank untersagen kann, soweit es sich bei dieser Operation um die Übertragung eines in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teils des Inhalts der geschützten Datenbank oder um die Übertragung unwesentlicher Teile handelt."

Zur Feststellung, ob Directmedia dementsprechend systematisch gehandelt hat, verweist der EuGH die Sache wieder an den deutschen Bundesgerichtshof zurück.