06.07.2005

EU-PARLAMENT

Patente beerdigt - Abgeordnete zufrieden

Die heute mit überwältigender Mehrheit getroffene EU-Parlamentsentscheidung über die Absetzung der Softwarepatentrichtlinie wird von den österreichischen Abgeordneten begrüßt.

"Das Parlament hat heute der Softwarepatentrichtlinie ein Begräbnis dritter Klasse im Holzsarg und ohne Blumen bereitet", resümierte die Grünen-Abgeordnete Eva Lichtenberger. Sie forderte nun das Europäische Patentamt [EPO] auf, seine Praxis bei der Patentvergabe für Software zu ändern. Das EPO sei zwar keine EU-Behörde, habe aber die freiwillige Auflage, sich nach dem Parlament zu richten, erklärte sie. Lichtenberger plädierte zudem für einen "Neustart", bei dem ein einheitliches europäisches Patentrecht geschaffen werden solle.

Die SPÖ-Abgeordnete Maria Berger bezeichnete die Entscheidung als "richtig und vernünftig": "Keine Regelung ist immer noch besser als eine Richtlinie, die der ungehemmten Patentierbarkeit von Software Tür und Tor öffnet", meinte sie. Berger sah in dem Abstimmungsergebnis "eine Riesen-Niederlage" für die Kommission und den Rat.

Der ÖVP-Abgeordnete Othmar Karas sah im Kippen der Richtlinie "die einzig mögliche Entscheidung". Auf Grundlage des vom Rat vorgelegten gemeinsamen Standpunkts sei es nicht möglich gewesen, eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen. Karas sprach sich ebenfalls für eine Harmonisierung des europäischen Patentrechts aus.

Wut auf die EU-Kommission

Zwar waren die EU-Parlamentarier bei der heutigen Abstimmung von unterschiedlichen Motiven getrieben, gemeinsam war ihnen jedoch die Wut auf die EU-Kommission.

Das Ergebnis sei vor allem dem "skandalösen Vorgehen" von Rat und EU-Kommission zuzuschreiben, sagte der Berichterstatter, der französische Sozialist Michel Rocard.

Diese hätten mit "sarkastischer Arroganz" auf die Forderungen reagiert, die das Parlament in erster Lesung erhoben habe. "Das Votum für heute soll eine Lektion für den Rat sein", betonte Rocard.

Wie es weitergeht

Die EU-Kommission hat nun die Möglichkeit, das Gesetzgebungsverfahren mit einem neuen Vorschlag wieder zu starten. "Aber auf Grund der bisherigen sturen Trotzhaltung der Kommission ist davon im Moment nicht auszugehen", so Maria Berger [SPÖ].

Der Chef der Fraktion der Europäischen Volkspartei [EVP], Hans-Gert Pöttering, erinnerte daran, dass die Kommission dazu verpflichtet sei, eine neue Vorlage zu erarbeiten, wenn sie formell vom Parlament dazu aufgefordert werde.

"Erstmal passiert die nächsten Monate in diesem Bereich gar nichts", so ein Kommissionssprecher. Auch EU-Kommissar Joaquin Almunia schloss einen neuen Anlauf zunächst aus und ein Sprecher von Binnenmarkt-Kommissar Charlie McCreevy gab bekannt, "den Gesetzgebungsprozess als abgeschlossen" zu betrachten.

Kommissarin Benita Ferrero-Waldner versprach hingegen in Straßburg, die Behörde werde einen möglichen Antrag des Parlamentes zu einem neuen Vorschlag prüfen.