06.07.2005

EU-PARLAMENT

Softwarepatente abgeschmettert

Ersten Berichten aus Brüssel zufolge ist die Softwarepatentrichtlinie mit überwältigender Mehrheit abgelehnt worden. 648 von 680 anwesenden Abgeordneten stimmten für einen Antrag, der auch eine Zurückweisung der Patentrichtlinie des Rats beinhaltete.

Bis vor wenigen Tagen war noch davon auszugehen, dass über jeden der 21 [von Rot-Grün, aber auch von einer Minderheit der Konservativen] geforderten Änderungspunkte einzeln abgestimmt würde, mit dem Ergebnis eines Kompromisses, wie er für EU-Prozesse üblich ist.

Erwartet worden war auch ein ungewisses, aber jeweils sehr knappes Ergebnis, da die Befürworter der Richtlinie bei Konservativen wie Liberalen im EU-Parlament während der letzten Wochen den Ton angegeben hatten. Auch die österreichische Wirtschaftskammer, aus der Anfangs Warnungen gekommen waren ist wenigstens in Teilen in den letzten Monaten immer mehr auf Pro-Patentkurs gegangen.

Doch gute 48 Stunden davor begann sich die Situation zu drehen. Konservative Abgeordnete wie Othmar Karas [EVP], die von Beginn an gegen den zeitweilig offenen Pro-Patent-Kurs der EVP-Fraktionsführung opponiert hatten, haben revoltiert und zuletzt die Oberhand gewonnen. Letztlich war es dann eben die konservative Fraktion, die den radikalsten Schritt vorgeschlagen hatte, nämlich die Richtlinie in ihrer Gesamtheit abzulehnen.

Die Interessen der Großkonzerne

Die bis zum heutigen Tag unveränderte Ratsposition, die ziemlich genau den Forderungen der europäischen Großkonzerne entspricht und schon einmal mit großer Mehrheit im Parlament abgelehnt wurde, ist in etwa so auf den Punkt zu bringen: Patente auf Software - das ist bestehende Rechtspraxis - werden zwar formell abgelehnt, die Richtlinie enthält jedoch eine Anzahl von Ausnahmen, unter denen die Patentierbarung von Software doch wieder zulässig und möglich ist.

Dieser "Doubletalk" spiegelt die Forderung der europäischen Hardware-Konzerne wider, die über Tochterfirmen den europäischen Softwaremarkt dominieren: Es müsse auch in Europa möglich sein, Patente auf Software anzumelden, weil der US-Konkurrenz dieses Kampfmittel zur Verfügung steht.

Die Interessen der KMUs

Dagegen stehen die Interessen Zigtausender kleiner bis mittlerer Software-Entwicklungs- und EDV-Dienstleistungsfirmen, die beim Patentpoker der Großen schon rein finanziell nicht mitmischen können.

Patente auf Software, Anwendungen und Ideen, wie sie in den USA aber auch vom Europäischen Patentamt erteilt werden, sind dazu geeignet, Nicht-Patentinhaber langsam aus dem Markt zu drängen. Aus unabhängigen Firmen werden so Zulieferer, die an die Großen Lizenzgebühren bezahlen müssen, um überhaupt im Geschäft zu bleiben.

Patente als Waffen betrachtet

Entgegen der ursprünglichen, dem Patentwesen zu Grunde liegenden Intention, Erfinder mit Anteilen zu belohnen, wenn sie ihre Erfindung anderen zur Verfügung stellen, sind Patente besonders im IT-Bereich heute fast ausschließlich Mittel der Konzernpolitik.