Musikindustrie weitet P2P-Klagewelle aus
Wie bereits letztes Jahr mehrmals angekündigt, verklagt die Musikindustrie nun auch erstmals Tauschbörsennutzer außerhalb der USA.
Insgesamt würden 247 User in Deutschland, Italien, Dänemark und Kanada verklagt, gab die IFPI, der Verband der Phonoverbände, am Dienstag bekannt.
In einer ersten Klagewelle habe die deutsche Landesgruppe der IFPI und die von ihr beauftragte Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Rasch 68 Strafanzeigen erstattet, so Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände.
"Es gibt in 'Tauschbörsen' millionenfach illegale Musikangebote. Die Phonowirtschaft kann dem nicht mehr tatenlos zusehen, während der Musikabsatz stark einbricht. Wir gehen deshalb jetzt auch gegen diese illegalen Anbieter mit rechtlichen Schritten vor", so Gebhardt. "Es kann jeden treffen, der Musik illegal anbietet."
Tauschbörsen-Anbieter sind über ihre IP eindeutig identifizierbar, die Provider würden die Identitäten aber nicht bekannt geben, so die IFPI. Daher habe die IFPI 68 Strafanzeigen gegen unbekannt erstattet, die Staatsanwaltschaft habe die Provider zur Information verpflichtet und entsprechende Strafverfahren eingeleitet, so die IFPI weiter. Dabei sollen laut IFPI vorerst vor allem Anbieter von großen Mengen an urheberrechtlich geschützten Material im Visier der Industrie sein.

IFPI Österreich wartet noch ab
Nach Kenntnis der Identitäten würden die Rechteinhaber Zivilverfahren einleiten und Schadenersatz geltend machen, so die IFPI. Der Strafrahmen könne einige tausend Euro betragen, so die IFPI weiter.
Die IFPI in Österreich begrüßte das gerichtliche Vorgehen gegen P2P-Nutzer. "Wir haben vollstes Verständnis für diese Entscheidung. Jeder, der Gesetze verletzt, muss damit rechnen, zur Verantwortung gezogen zu werden. Gerichtliche Schritte sind auch in Österreich nicht ausgeschlossen. Unsere Informations- und Aufklärungskampagne wird fortgesetzt."
Während in Deutschland und Kanada die Identitäten der Filesharer über die Gerichte ausgeforscht werden, sollen in Dänemark die Namen bereits bekannt sein. Der Stand der italienischen Ausforschungen soll im Laufe des Tages bekannt gegeben werden.
Für 2003 gab die deutsche Musikindustrie zudem einen weiteren Umsatzrückgang bekannt. Demnach ging der Branchenumsatz um 19,8 Prozent auf 1,65 Mrd. Euro zurück. Der Tonträgerabsatz sank um rund 18 Prozent auf 183,2 Millionen Stück. Zugleich stieg die Zahl der mit Musik bespielten CD-Rohlinge laut einer Studie um ein Viertel auf 325 Millionen. Ein Lichtblick waren Musik-DVDs. Ihr Absatz verdoppelte sich auf acht Millionen.

Studie widerspricht Industrie
In einer neu vorgestellten Studie der US-Universitäten Harvard und North Carolina wurde zuletzt kein negativer Zusammenhang zwischen der Nutzung von Tauschbörsen und CD-Verkauf festgestellt.
Dabei wurden Ende 2002 17 Wochen lang zwei OpenNap-Server beobachtet. In der Zeit konnten die Forscher rund 1,75 Mio. Downloads zählen.
Im Vergleich mit den Verkaufszahlen von 500 zufällig gewählten Musik-Alben konnten die Wissenschaftler nach eigenen Angaben keinen Verkaufsrückgang durch Downloads feststellen.
Diverse andere Studien kommen zu einem ähnlichen Ergebnis, andere wiederum sehen sehr wohl einen Zusammenhang zwischen dem Download-Verhalten und den Umsatz-Rückgängen.
Laut den Studienautoren Felix Oberholzer und Koleman Strumpf braucht es 5.000 Downloads, um den physischen Verkauf von einer CD zu ersetzen. Im Beobachtungszeitraum habe aber nur ein User diese Anzahl an Songs heruntergeladen.
Auch weltweit betrachtet würden Downloads aus Tauschbörsen die Umsatzzahlen nur marginal beeinträchtigen, so das Studienergebnis. Die meisten User seien Konsumenten, welche die Alben auch nicht gekauft hätten, wenn es keine Tauschbörsen geben würde. In dem Zusammenhang konnte sogar ein positiver Effekt auf den CD-Absatz festgestellt werden.
