23.02.2000

POLITIK

Bildquelle: waldt

Sichere Häfen und Piratennester

"Wir können die EU-Datenschutzgesetze nicht einfach exportieren und von anderen verlangen, sie zu übernehmen" sagte John Mogg, Generaldirektor der EU-Kommission für den Binnenmarkt in den Hearings "Die Europäische Union und der Datenschutz" am Dienstag Nachmittag in Brüssel.

Angeblich waren die seit 18 Monaten ohne Ergebnis verlaufenen Verhandlungen mit den USA über deren Status als sicheres Drittland ["safe harbour"] einer Einigung ein Stück näher gekommen.

Genaueres dazu blieb EU-Unterhändler Mogg und sein Gegenpart, US-Unterstaatssekretär David Aaron bei einer vor dem Hearings abgehaltenen Pressekonferenz freilich schuldig. Man sei gerade mit den Formulierungen beschäftigt, die man "sehr genau ansehen müsse."

Gravierende wirtschaftliche Konsequenzen

Würde die relativ strenge Direktive der EU im Wortlaut umgesetzt, müsste etwa US-Kreditkartenfirmen mit sofortiger Wirkung untersagt werden, Daten in die USA zu transferieren.

Betroffen wären aber auch sechs EU-Staaten, in denen die Direktive noch nicht in nationales Recht gegossen ist.

"Wir müssen unser eigenes Haus in Ordnung halten" mahnte EU-Binnenmarkt-Kommissar Frits Bolkestein, freilich ohne die betreffenden Länder beim Namen zu nennen.

Sichere Häfen und Piratennester

Robert Goodlatte, Wortführer einer Delegation von US-Kongressabgeordneten pries zwar die Vorzüge der Selbst-Regulierung von Datenschutz-Agenden durch die Industrie, was aber auf allgemeine Skepsis stieß.

"Es handle sich keineswegs europäische Regelungswut" formulierte Stefano Rodota, Vizepräsident der EU-Arbeitsgruppe zum Datenschutz, "Grundrechte und Grundfreiheiten sind nicht verhandelbar." Die Ausführungen Moggs hätten ihn keineswegs davon überzeugt, dass Kompromisse dieser Art angesagt seien.

Marc Rotenberg, Executive Director des Electronic Privacy Information Center [EPIC] brachte den jüngsten Fall von Datenmissbrauch durch die Online-Werber Double Click als Beispiel dafür vor, dass die seit Jahren in den USA verkündete Selbstregulation nicht funktioniere: "So mancher sichere Hafen wird sich als übles Piratennest herausstellen, wenn es keine gesetzliche Kontrolle gibt."

Die Hearings werden heute mit dem STOA-Report des schottischen Journalisten Duncan Campell über den Status Quo des Welt-Abhörsystems ECHELON fortgesetzt.