Der Pinguin schimpft zurück
Microsoft-Senior-Vizepräsident Craig Mundie hat an der Universität New York erklärt, warum Microsoft eine Shared-Source- der Open-Source-Strategie vorzieht. Firmen ohne kommerzielles Softwaremodell sind laut Mundie auf verlorenem Posten.
Mundie ließ bei seinem Vortrag an der Sterns School of Business an der Uni New York keinen Zweifel daran, dass Microsoft vom kommerziellen Softwaremodell nicht abrücken wird. Auch wenn man das Shared-Source-Programm ausbaue, wolle Microsoft nicht den Eindruck erwecken, ein Open-Source-Unternehmen zu sein.
Nach Ansicht von Microsoft gefährdet frei zugängliche Software wie die des Microsoft-Konkurrenten Linux die Urheberrechte von Unternehmen. Die Open-Source-Software könne durch ihre allgemeine Zugänglichkeit geistiges Eigentum wertlos machen und so der Computer-Industrie wichtige Umsatzpotenziale nehmen. Mundie sagte weiter, Microsoft halte daran fest, das Copyright für den Quellcode seines weltweit dominierenden Betriebssystems Windows zu schützen. Gleichzeitig werde aber der Quellcode ausgewählten Programmierern zur Verfügung gestellt, um Fehler auszubessern oder neue Produkte zu entwickeln. Einen solchen Zugang bekämen schon seit einiger Zeit Programmierer von Partnerfirmen und großen Unternehmenskunden.
Craig Mundies Rede im vollen WortlautShared-Source-Strategie im Detail
Unter den Shared Sources versteht Microsoft bereits bestehende Initiativen wie die Lizenzierung von Windows-Source-Code an Universitäten. Mundie zählte auch das Enterprise-Source-Lizencing-Programm dazu, mit dem Geschäftskunden den Code lizenzieren können.
Das Developer Network und die Lizenzierung für Windows CE gehören ebenfalls zur Shared-Source-Strategie. Mundie verkündete, dass Microsoft das bisher nur in den USA angebotene Enterprise-Source-Lizencing-Programm [ESLP] auf zwölf weitere Länder ausweiten will. Außerdem sollen Chip-Produzenten und akademische Einrichtungen noch in diesem Jahr erweiterten Zugriff auf Windows-CE-Quellen bekommen.
GNU General Public License als Feindbild Nummer eins
Eine strikte Absage erteilte Mundie der GNU General Public
License [GPL]. Softwarefirmen, die nach diesem Modell arbeiten,
würden ihre eigene Basis untergraben, sagte Mundie. Eine
Softwarefirma, die mit ihren Innovationen kein Geld verdiene, um es
wiederum in Entwicklung zu stecken, sei nicht lebensfähig. Die GPL
stelle eine Bedrohung für das geistige Eigentum jeder Softwarefirma
dar, die ihre Produkte aus diesem Lizenzmodell ableite. Mundie
sprach der
Open-Source-Softwareauch positive Merkmale zu, etwa fundiertes Feedback und Debugging durch die Gemeinschaft. Microsoft sieht das erweiterte Shared-Source-Modell als nötige Anpassung an die Entwicklung der Informationstechnologie. Die Konzentration auf das Internet, die Microsoft mit der .NET-Strategie verfolge, mache einen Wissensaustausch über Shared Sources und stärkere Zusammenarbeit erforderlich. Das Urheberrecht dürfe davon aber nicht berührt werden.
.NET-StrategieLinus Torvalds antwortet Microsoft
Linus Torvalds, der Linux vor zehn Jahren schuf und anschließend den Quellcode zur Weiterentwicklung frei zugänglich gemacht hat, hat umgehend auf den Vortrag von Mundie und dessen fundamentale Kritik an Open Source reagiert. Und zwar mit ungewöhnlich scharfen Worten:
Torvalds forderte den Senior-Vizepräsidenten von Microsoft auf, sich ein Beispiel an Isaac Newton zu nehmen. Dieser habe Großartiges geleistet, war sich dabei aber immer bewusst, dass er dabei "auf den Schultern von Riesen" gestanden sei.
Torvalds weiter: "Einer der größten Wissenschaftler der Neuzeit, der mehr für die moderne Technik [und, nebenbei bemerkt, auch für die moderne Wirtschaft] geleistet hat, als es Microsoft je tun wird, hat bereitwillig anerkannt, dass er das nur tun konnte, weil er auf das Wissen anderer [das, was wir heute 'intellektuelles Eigentum' nennen] zurückgreifen konnte. Mundie wirft das alles über Bord, weil er will, dass Microsoft alles besitzt und damit Tonnen von Geld machen kann."
Der letzte Satz von Torvalds Diatribe gegen Microsoft hat es in sich: "Ich halte mich mehr an Newton als an Mundie. Newton mag seit fast dreihundert Jahren tot sein, dennoch verbreitet er weniger Gestank als Mundie."
Die Antwort von Linus Torvalds im vollen WortlautLinux überholt Microsoft
Microsoft ist vor allem bei Großrechnern immer härterer Konkurrenz durch das Betriebssystem Linux ausgesetzt, das Studien zufolge den Marktanteil von Microsoft in diesem Bereich Ende 2002 übertreffen wird.
